Man hat es fast vergessen, aber vor ziemlich genau einem Jahr begann das Dschungelcamp inmitten einer großen Krise. In Australien – dem Land, in dem RTL seine Promis traditionell bei Reis und Regen darben lässt – wüteten verheerende Buschbrände.
Gesendet wurde trotzdem aus Down Under, weil der Sender einen Weg fand, angemessen mit der Situation umzugehen. Man konnte denken: Wenn selbst ein Höllen-Feuer das größte Reality-Format Deutschlands nicht aufhalten kann, was dann? Heute kennt man die Antwort: Corona.
Weil RTL seine Leute in Pandemie-Zeiten nicht an das andere Ende der Welt schicken will, bleibt das Plumpsklo im fernen Dschungel 2021 ungenutzt. Gesendet wird stattdessen aus der Nachbarschaft – aus Deutschland und aus einem Studio. In der Summe bedeutet das: Das Dschungelcamp, eine Art Urmutter des Trash-TVs, bekommt einen Abkömmling. Das neue Format heißt auch anders: Aus «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» wird «Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow». Los geht es am Freitag (15. Januar, 22.15 Uhr, RTL).
Die Fakten: In der Show wird im Gegensatz zu den Vorjahren kein «Dschungelkönig» gesucht. Stattdessen vergibt RTL ein «Goldenes Ticket», das seinen Inhaber befähigen soll, 2022 um den Gaga-Titel mitzuspielen. Sprich: Der Gewinner der «Dschungelshow» fährt zum nächsten regulären Dschungelcamp. Der Modus erinnert an den Fußball: Wer Meister werden will, muss sich zum Aufstieg durch die zweite Liga ackern. Wer boshaft ist, könnte den Zweite-Liga-Vergleich auch auf die Kandidaten-Liste ausweiten. Dazu aber später mehr.
Das Personal drumherum ist vertraut. RTL will den beliebten Dschungel-Doktor «Dr. Bob» – eigentlich kein Doktor, sondern gelernter Rettungssanitäter – speziell für die Show einfliegen lassen. Als Moderatoren sind wie üblich Sonja Zietlow (52) und Daniel Hartwich (42) dabei. Zudem wird es Prüfungen geben, von denen man annehmen kann, dass sie würdige Nachfolger für Disziplinen wie Känguru-Hoden-Verspeisen oder Fleischabfall-Wühlen sein werden.
Auf konservative Dschungelcamp-Fans dürften dennoch schwere Stunden zukommen. Die Promis leben zwar tatsächlich während der Show auf einem Studiogelände in Hürth bei Köln, wie man aus informierten Kreisen hört. Aber: Es ist eben kein Freiluft-Dschungel. Hinzu kommt, dass die Magie des Formats im klugen Kandidaten-Casting steckt.
Der RTL-Dschungel war immer dann gut, wenn die Planstellen gut besetzt waren – vom hitzigen Altvorderen (Mathieu Carrière, Winfried Glatzeder) über das leidende Jung-Model (Larissa Marolt, Gisele Oppermann) bis hin zur Schlagergröße, die viel von früher fabuliert (Bata Illic, Gunter Gabriel).
Insofern ist das Casting für die «Dschungelshow» noch eine Wundertüte. D-Promis wie ein Nico Schwanz oder der Hochzeitsplaner Froonck Matthée waren zwar schon immer das Schmiermittel des Formats – diesmal wird man von D-Prominenz aber nahezu erdrückt.
Viele Kandidaten sind maximal tiefen Kennern des Reality-Genres ein Begriff («Bachelorette»-Kandidat Filip Pavlovic, «Germany’s next Topmodel»-Kandidatin Zoe Saip, «Temptation Island»-Kandidatin Christina Dimitriou). Den Alt-Star gibt Bea Fiedler, die füher in Nacktkomödien wie «Eis am Stiel 4 – Hasenjagd» zu sehen war. Damit ist der Begriff «Alt-Star» sehr weit gedehnt. Die größte Aufregung verursachte Dragqueen Nina Queer, allerdings im negativen Sinne: RTL schmiss sie mit Verweis auf eine Selbstbeschreibung als «Hitler-Transe» schon vor dem Start wieder raus.
Was nicht ist, kann aber noch werden. Zumindest dürfte sich das auf diese Weise zusammengefundene Kandidatenfeld ordentlich anstrengen. Neben dem Australien-Ticket winkt ein Preisgeld. Es sind 50 000 Euro.