Wie ein Schlag traf die Nachricht das britische Königshaus: Prinz Harry und seine Frau, Herzogin Meghan, machen Schluss. Goodbye, royales Leben mit Verantwortung und Verpflichtungen. Hello, Privatleben mit Selbstständigkeit und eigener Meinung.
«Nach vielen Monaten des Nachdenkens und der Diskussionen haben wir uns entschieden, in dieser Institution eine neue fortschrittliche Rolle für uns zu finden», schrieben Harry und Meghan Anfang 2020 bei Instagram. An diesem Freitag (8. Januar) ist es ein Jahr her, dass die beiden ankündigt haben, sich von ihren royalen Pflichten zurückziehen und auf eigenen Beinen stehen zu wollen.
Der Megxit, wie der Abschied in Anlehnung an den Brexit schnell genannt wurde, passt nur zu gut in das königliche annus horribilis, das Schreckensjahr 2020. Königin Elizabeth II., Harrys Großmutter, droht den beiden sogar mit dem endgültigen Bruch. Mittlerweile wohnen Meghan und Harry mit Sohn Archie in Kalifornien. Die royale Familie trennt also ein Ozean. Und gefühlt eine Welt.
Was geschah seither? Eine Jahresbilanz in sieben Kapiteln:
BRUCH MIT TRADITIONEN
Sinn des Megxit war es, die Dinge anders zu machen, als es normalerweise für Royals üblich ist. Dennoch sorgt es regelmäßig für Schlagzeilen, wenn das Paar tatsächlich mit royalen Traditionen bricht und neue Wege geht. Bei der US-Wahl berichteten etwa zahlreiche amerikanische Medien, als die 39-jährige Meghan ihren Stimmzettel in die Wahlurne geworfen hatte. Mitglieder der königlichen Familie geben traditionell bei Wahlen keine Stimme ab – sie haben keine eigene Meinung zu haben.
SOZIALE ADER
Schirmherrschaft hier, Spendenaufruf da: Wohltätige Projekte gehören zu den Kernaufgaben eines Royals. Die soziale Ader wollen Harry und Meghan sich erhalten. Unter dem Dach ihrer gemeinnützigen Organisation Archewell wollen sie Bildungsprogramme und Initiativen mit Fokus auf Themen zu Gesundheit und allgemeinem Wohlbefinden bündeln. Der Name, der wohl nicht zufällig an Sohn Archie erinnert, ist offiziell eine Zusammensetzung des altgriechischen Wortes «Arche» als Quelle des Handelns und «Well» als reichhaltige Quelle.
MILLIONENSCHWERE DEALS
Ihrem Ziel, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen, dürften Harry und Meghan ein deutliches Stück näher gekommen zu sein. Dafür sorgen millionenschwere Deals mit den Streaming-Plattformen Netflix und Spotify, auf denen sie Filme, Serien und Podcasts herausbringen wollen. Allein der Netflix-Vertrag hatte ein Volumen von mehr als 100 Millionen Pfund (110 Mio Euro).
Kritiker betonen, dass die Deals keinesfalls selbst erarbeitet seien – ohne den berühmten Namen und den Promi-Status wären sie kaum vorstellbar. Mit einer eigenen Produktionsfirma wollen Harry und Meghan für Netflix Dokumentationen, Spielfilme und Angebote für Kinder produzieren. Mit dem Geld konnte das Paar 2,4 Millionen Pfund für die Renovierung seines britischen Wohnsitzes Frogmore Cottage zurückzahlen.
Kurz vor dem Jahreswechsel gab das Paar sein Podcast-Debüt. «Wir möchten das Mitgefühl und die Freundlichkeit (von Menschen) ehren, die so vielen Leuten geholfen haben, durchzukommen», sagte Harry (36) zu Beginn der etwa 33 Minuten langen Episode. Mit Gästen wie Elton John und sogar einem Mini-Auftritt von Sohn Archie plauderten sie über das vergangene Corona-Jahr.
ÜBERGANGSPHASE
Ähnlich wie beim Brexit gibt es auch beim Megxit eine Übergangsphase. Die Einigung mit dem Königshaus sah vor, nach einem Jahr den Prozess zu bewerten und zu vereinbaren, wie es weitergeht. Dabei geht es etwa darum, dass das Paar auf die lukrative Marke «Sussex Royal» und die Anrede «Königliche Hoheit» verzichtet. Palast-Insider mutmaßten jedoch bereits, mit den Netflix- und Spotify-Deals sei eine Rückkehr in die Reihen der Royals nahezu ausgeschlossen. Auf Dauer könne das Paar sich eben nicht das Beste aus zwei Welten herauspicken, so Kritiker.
RECHTSSTREITIGKEITEN
Bereits seit Jahren liefern sich Harry und Meghan einen erbitterten Streit mit der Boulevardpresse. Die Fehde gilt sogar als einer der Hauptgründe für den Abgang des Paares. In einem Statement erinnerte Harry an den Tod seiner Mutter Prinzessin Diana, die ebenfalls unter der Dauerbeschattung der Paparazzi und Hofreporter gelitten hatte.
«Ich habe meine Mutter verloren und nun sehe ich, wie meine Frau zum Opfer der gleichen mächtigen Kräfte wird», schrieb der Prinz. Immer wieder hatten auch Meghans Hautfarbe und ihre afro-amerikanischen Wurzeln in der Presse eine Rolle gespielt, teilweise mit rassistischen Untertönen. Mehrfach hatten Harry und Meghan auch gegen einzelne Medien geklagt.
SELBSTINSZENIERUNG
In Großbritannien wurden Harry und Meghan auf Schritt und Tritt von der Presse verfolgt und mussten aushalten, wie andere sie in der Öffentlichkeit darstellten. Seit dem Megxit setzt das Paar zunehmend auf Selbstinszenierung. Ob Video-Statement, Zeitungsbeitrag oder professioneller Streaming-Content: Harry und Meghan wollen selbst bestimmen, wie die Welt sie wahrnimmt. Und das nehmen sie sehr ernst. Zu einer kleinen Zeremonie in den USA zum Volkstrauertag luden die beiden nur eine kleine Schar ausgewählter Fotografen – dafür gab es sowohl aus der Medienbranche als auch aus royalen Kreisen Kritik.
Teil der Inszenierung ist auch eine recht große, sehr bewusst arrangierte Offenheit. So berichtete Meghan in der «New York Times» im November emotional über eine Fehlgeburt. In aller Welt wurden ihre Worte dafür gewürdigt, dass sie diesem noch immer mit Tabus behaftetem Thema verdiente Aufmerksamkeit schenkte.
ISOLATION
Die Corona-Pandemie hat den Abgang des Paares zu einem ziemlich harten Megxit gemacht: Auch über Weihnachten war ein Wiedersehen mit der königlichen Familie wegen Reise- und Kontaktbeschränkungen nicht möglich. Wann sich die Lage entspannt und eine Reise in die alte Heimat infrage kommt, dürfte in den Sternen stehen.