Lyrische Texte, Indie-Pop und R&B: Arlo Parks hat ihr Debüt vorgelegt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Alexandra Waespi/Pias/dpa)

Die Zukunft des Pop ist weiblich, betonen immer mehr Musikkritiker. Wie stilvoll und selbstbewusst junge Sängerinnen schon auf ihren ersten Alben zu Werke gehen können, beweisen jetzt Arlo Parks, Celeste und Sasha Spielberg alias Buzzy Lee.

ZEITGEMÄSS UND RETRO ZUGLEICH: ARLO PARKS

Schon vor der Veröffentlichung ihres Debüts wurde diese 20-jährige Musikerin gefeiert. Die ehemalige First Lady der USA, Michelle Obama, ist Fan; die BBC setzte sie auf ihre Liste der «Breakthrough Artists», also der Künstlerinnen und Künstler mit großem Potenzial.

Die Zahl der Fans von Arlo Parks dürfte sich mit dem herausragenden Erstlingswerk der Londonerin noch vergrößern. «Collapsed In Sunbeams» spricht zeitgemäße Themen an, klingt dabei mit seiner Mischung aus Indie-Pop und R&B aber ganz zeitlos.

Parks hat nigerianische, tschadische und französische Wurzeln, wie ihre Plattenfirma mitteilt. Sensibel, «uncool» und als selbsterklärter «Tomboy» (dt. etwa: jungenhaftes Mädchen) habe sie mit ihrer Identität zu kämpfen gehabt. «Ich bin ein schwarzes Kind, das nicht tanzen kann, Emo-Musik hört und in ein Mädchen aus meiner Spanischklasse verliebt ist», erinnert sie sich an diese Zeit.

Mit 17 habe sie ihre Haare abrasiert, ihre Bisexualität erkannt und eine ganze Menge Musik geschrieben. Die 20-jährige Britin verhandelt in ihren Liedern aber auch Themen wie mentale Gesundheit oder den Umgang mit gesellschaftlichen Erwartungen. Dass sie auch Lyrik schreibt, merkt man Songtexten voller feiner Beobachtungen an. Der Sound klingt etwas retro, dabei mit originellen Melodien – und im Vordergrund steht ihre weiche, einnehmende Stimme.

TALENTIERTE TOCHTER EINER KINO-LEGENDE: BUZZY LEE

Ihr Vater ist Steven Spielberg, einer der berühmtesten Kino-Regisseure der Welt, ihre Mutter die bekannte Schauspielerin Kate Capshaw. Dennoch denkt Sasha Spielberg gar nicht daran, den Familiennamen als naturgegeben günstige Eintrittskarte in die Welt der Popmusik zu nutzen. Ihr Debütalbum veröffentlicht die 30-jährige US-Amerikanerin nun unter einem Alias – als Buzzy Lee.

Zuvor hatte die Sängerin bereits in mehreren Indie-Projekten aufhorchen lassen, etwa mit ihrem Bruder Theo sowie im Duo Just Friends mit dem Electro-Künstler Nicolás Jaar, «meinem besten Freund». Nach dem Buzzy-Lee-Minialbum «Facepaint» (2018) soll die erste vollwertige Studioplatte «Spoiled Love» den Durchbruch bringen. Und tatsächlich sind die neun Lieder alle Vorschusslorbeeren wert.

Viele Klavier- und Keyboard-Klänge sind zu hören, über denen Sasha Spielbergs an Kate Bush, Tori Amos oder Fiona Apple erinnernde Stimme bestens zur Wirkung kommt. Manchen Arrangements hört man an, dass die Sängerin schon als junge Tochter von Hollywood-Größen auf Filmmusik achtete. Sie habe «sich immer zu den Soundtracks hingezogen gefühlt, allerdings war auch mein Dad davon begeistert», sagte sie kürzlich.

Es sei zwar merkwürdig, dass nach etlichen Jahren Musikkarriere nun von einem Debüt als Buzzy Lee die Rede sei, sagt die in Los Angeles beheimatete Künstlerin, die auch schon in mehreren Spielberg-Filmen mitgewirkt hat. «Aber es ist so persönlich, dass es die Energie eines ersten Albums hat.»

SONGS ALS MUSIKALISCHES ZUHAUSE FÜR DIE SEELE: CELESTE

Viel falsch machen kann man mit dieser Power-Stimme wohl nicht. Kritiker haben den Gesang der 26-jährigen Soul-Musikerin Celeste bereits mit einigen der ganz Großen verglichen: Aretha Franklin, Billie Holiday, Amy Winehouse. Ihrem ganz eigenen Stil werden die Vergleiche aber natürlich nicht gerecht.

Auf dem Debütalbum «Not Your Muse» mischt die Britin (mit vollständigem Namen Celeste Epiphany Waite) minimalistischen Retro-Soul mit Anleihen aus R’n’B, Jazz und Pop zu einem Sound, der ihre voluminöse Stimme erstrahlen lässt. Das hört man schon in dem ruhigen Opener «Ideal Woman». Sanfte Gitarrenklänge und dezente Percussions tragen den warmen Gesang.

Das Lied macht auch direkt klar, was diese Sängerin mit den jamaikanischen Wurzeln und dem extravaganten Kleidungsstil nicht sein kann und will: Sie sei zu stolz, zu laut, zu groß, singt Celeste – und das störe sie nicht im Geringsten. Auch ihre Musik hat mehr Kanten, als bei Vertreterinnen des Genres sonst üblich ist. Celeste ist zwar weit entfernt vom Skandal-Image einer Amy Winehouse, packt aber genug Persönlichkeit in ihre Songs, damit diese authentisch und nicht wie aus der Soul-Konserve klingen.

Das Trennungsschmerz-Stück «Strange» etwa, für das die Sängerin den Brit Award als beste Nachwuchskünstlerin erhielt, klingt eher entrückt als zugänglich. Dafür bekommt die geschundene Seele hier ein musikalisches Zuhause – und diesem Reiz kann man sich kaum entziehen. Auch Elton John soll die Musikerin schon als Fan gewonnen haben.

Von Lisa Forster, Werner Herpell und Cindy Riechau, dpa