Eines kann man über den diesjährigen deutschen Beitrag für den Eurovision Song Contest (ESC) sicher sagen: Er bleibt hängen.
Eine fröhlich gepfiffene Melodie, ein sympathisch-überdrehter Sänger und ein quietschbuntes schnelles Musikvideo – «I Don’t Feel Hate» von Jendrik Sigwart geht ins Ohr und bleibt auch visuell in Erinnerung.
Am Donnerstag hat der federführende Norddeutsche Rundfunk das Lied erstmals vorgestellt. Der 26 Jahre alte Hamburger hatte sich in einem mehrstufigen Auswahlprozess gegen mehr als 150 Konkurrenten durchgesetzt. Auch das von ihm auf seiner Ukulele geschriebene Lied warf mehr als 320 andere Songs aus dem Rennen.
«Ich glaube, es ist das richtige Lied zur Zeit, weil es einfach auch so fröhlich ist», sagte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber in Hamburg während der Online-Pressekonferenz. In dem Lied gehe es darum, auf Hass nicht mit Hass zu reagieren, «sondern mit Liebe und Respekt», sagte Sigwart dazu.
Er habe das Lied in einer Situation geschrieben, in der er das sehr gebraucht habe. «Es ist eine Belehrung an mich selbst.» Deshalb stehe er auch mit ganzem Herzen hinter dem Song und der Botschaft, sagte der Musicaldarsteller mit der auf deutsch wie englisch hohen Sprechgeschwindigkeit.
Dass am Ende beide ESC-Jurys – zum einen 20 Musikexperten, zum anderen 100 ESC-Fans – Jendrik Sigwart, seine Ukulele und das quirlige Anti-Hass-Lied gewählt haben, habe auch etwas mit dem «gewissen Etwas» des Künstlers zu tun gehabt, sagte Delegationsleiterin Alexandra Wolfslast dazu. «Er hat mich sehr geflasht. Er ist ein Geschenk. Und du hast ihm angesehen, dass er das wirklich will. Und das ist auch die wichtigste Grundvoraussetzung.»
Sigwart hat als Jugendlicher Klavier und Gitarre spielen gelernt und am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück ein Studium zum Musical-Darsteller abgeschlossen. Er bringe eine große handwerkliche Sicherheit mit, sagte ARD-Unterhaltungschef Schreiber dazu. «Er kann singen, spielen, steppen und er kann sich sensationell bewegen.»
Sigwart hatte sich als einer von ganz wenigen Anwärtern ganz klassisch für die ESC-Teilnahme beworben und im Sommer zudem mit witzigen Kurzvideos auf Instagram und Tiktok Werbung für sich als möglichen ESC-Kandidaten gemacht. Das war am Ende auch der Stoff für das nun offizielle Musikvideo zum diesjährigen ESC-Song. Drei Monate lang hatten Sigwart und seine Freunde den einwöchigen Videodreh vorbereitet.
Der ESC wird am 22. Mai unter dem Motto «Open Up» wohl unter strengen Corona-Maßnahmen mit Künstlern aus 41 Ländern in Rotterdam stattfinden – aber sehr wahrscheinlich ohne Publikum. Die zuletzt größten deutschen Erfolge hatten Michael Schulte mit einem vierten Platz 2018 und Lena mit dem Sieg 2010 eingefahren.
Sigwart wünscht sich beim ESC mehr Spaß als Erfolg. «Natürlich: Ziel ist Platz 1. Aber an erster Stelle steht Spaß. Und Freude. Ich werde nicht traurig sein, wenn ich einen anderen Platz mache. Definitiv nicht. Weil: Dabei zu sein, war mein Traum. Und den habe ich geschafft», sagte der 26-Jährige dazu.
Schreiber dagegen hätte nichts gegen einen Platz weit oben. «Ein Top-Ten-Platz ist toll, aber auch keine Selbstverständlichkeit», sagte er dazu.