Es wirkt wie ein vorgezogener Frühlingsputz: Der royale Rückzug von Prinz Harry und Herzogin Meghan ist der Höhepunkt in einem Prozess, den das Promi-Paar zielstrebig durchzieht.
Erst der «Megxit», wie ihr Auszug aus dem britischen Königshaus in die USA vor einem Jahr genannt wird, dann der zunehmende Einsatz auch für politische Themen – wo sich die Royals doch eigentlich traditionell aus der Politik heraushalten. Zuletzt dann die persönlicheren Nachrichten: ein erfolgreicher Prozess gegen ein Boulevardblatt, die zweite Schwangerschaft sowie die Ankündigung eines «intimen» Interviews mit der US-Starmoderatorin Oprah Winfrey, einer Freundin von Meghan.
Der finale berufliche Bruch mit dem Königshaus in der Heimat macht deutlich: Meghan und Harry wollen nicht mehr als Prinz und Herzogin wahrgenommen werden. Sie wollen Privatleute sein und eigene Ideen vorantreiben. Dafür sind sie bereit, schmerzhafte Einschnitte hinzunehmen, vor allem der 36-jährige Harry.
Denn wie erwartet und nun vom Palast bestätigt, gibt der Sechste der Thronfolge nicht nur wie die Ex-Schauspielerin Meghan (39) viele Schirmherrschaften auf, die ihm seine Großmutter Königin Elizabeth II. übertragen hatte, bei der Rugby Football Union, der Rugby Football League und dem London-Marathon. Auch seinen militärischen Ehrentiteln muss Harry nun entsagen.
Dabei hat das Militär ihm immer viel bedeutet. Gleich zwei Mal diente er in Afghanistan – als Bordschütze eines Kampfhubschraubers hat er dabei nach eigenen Angaben auch getötet. «Ein Leben zu nehmen, um eines zu retten, darum drehte es sich bei uns», sagte er einst der BBC. Seit seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst engagiert er sich als Schirmherr der «Invictus Games» für kriegsversehrte Soldaten – diese Rolle behält er, da es sich um eine private Initiative handelt.
Nun heißt es: Volle Konzentration auf das Leben in den USA. Bereits seit Monaten wohnt das Paar mit Söhnchen Archie, der im Mai zwei Jahre alt wird, in Meghans Heimat, mittlerweile in einem angeblich mehrere Millionen Euro teuren Anwesen im kalifornischen Promiort Montecito. Dort basteln sie an ihrer zweiten Karriere.
Ihre Accounts als «Sussex Royal» in sozialen Medien haben sie bereits aufgegeben. Stattdessen wollen sie unter dem Dach ihrer gemeinnützigen Organisation Archewell – der Name erinnert wohl nicht nur zufällig an ihren Sohn Archie – Bildungsprogramme und Initiativen mit Fokus auf Themen zu Gesundheit und allgemeinem Wohlbefinden bündeln. Finanzielle Probleme dürften sie vorerst nicht haben. Deals mit den Streaming-Riesen Netflix und Spotify sollen ihnen Millionen eingebracht haben. Auch ein eigener Podcast gehört dazu.
In Großbritannien wird der royale Rückzug bei aller Trauer um den Abschied des Glamour-Paars als logische Folge angesehen. Harry sei schon lange unzufrieden gewesen mit seiner Rolle, betonen britische Medien. Der lebenslustige Rotschopf war immer geselliger als sein älterer Bruder William, der stets würdevoll – aber viele sagen auch: langweilig – auftrat. «Prince Charming» hingegen nahm jede Menge Skandale mit, seien es Sauftouren in Londoner Clubs, Beziehungswirrwarr, Nacktfotos vom Strip-Billard in Las Vegas oder ein Karnevalsauftritt in einer Nazi-Uniform: Die Boulevardpresse hatte lange ihre Freude an Harry.
Doch die Beobachtung wie unter einem Brennglas hat viele Schattenseiten. Ein Beispiel für Harry ist der Tod seiner Mutter, Prinzessin Diana, die 1997 von Paparazzi verfolgt bei einem Verkehrsunfall starb. Aber auch Meghan spielt eine große Rolle dafür, dass das Paar selbst nachdrücklich die Kontrolle über seine Außendarstellung übernommen hat. Die Ex-Schauspielerin wurde wiederholt wegen ihrer Hautfarbe und afroamerikanischer Wurzeln Ziel rassistischer Beleidigungen.