Fünf Bühnen, aber keine Zuschauer davor: Auch die diesjährige Verleihung der US-Musikpreise Grammys in der Nacht zum Montag (ab 01.00 Uhr MEZ) ist von der Corona-Pandemie geprägt.
Wegen des zugespitzten Infektionsgeschehens in Los Angeles war die Gala schon von Ende Januar verschoben worden. Jetzt aber verspricht Produzent Ben Winston, der normalerweise mit Comedian James Corden an dessen berühmter «Carpool Karaoke» arbeitet und in diesem Jahr zum ersten Mal für die Grammys zuständig ist, eine Show «mit Herz, die sich nicht isoliert, leise oder alleine anfühlt», wie er dem «Rolling Stone» sagte.
Mit einer Mischung aus live gespielter und vorab aufgenommener Auftritte sollen zahlreiche Stars wie Taylor Swift, Billie Eilish, Cardi B, Post Malone, Megan Thee Stallion und die südkoreanischen Chartstürmer BTS dabei sein. Bruno Mars besorgte sich mit seiner neuen Band Silk Sonic kurzfristig per Twitter-Anfrage an die Veranstalter auch noch einen Auftritt.
Die Stars treten auf vier verschiedenen Bühnen an einem vorerst noch nicht offiziell bekannt gegebenen Ort in Los Angeles auf – nicht dem Staples Center, wo die Grammys sonst meist stattfinden. Produzent Winston verriet im Vorfeld nur, das Gebäude sei «riesengroß» und «magisch». Auf der fünften Bühne sollen die Preise vergeben werden – auch von Mitarbeitern verschiedener Diskotheken, Clubs und Musikbars in den USA, von denen viele seit Monaten nicht mehr öffnen konnten.
Mit neun Nominierungen geht Sängerin Beyoncé als Favoritin in die Preis-Gala. Ebenfalls mehrere Nominierungen haben unter anderen Taylor Swift, Dua Lipa, Roddy Ricch, Billie Eilish, Megan Thee Stallion und DaBaby. Die Preise werden in mehr als 80 Kategorien vergeben. Rund 13.000 Mitglieder der Recording Academy entscheiden über die Preisträger der Grammys, die zu den begehrtesten Musikpreisen der Welt zählen und in diesem Jahr zum 63. Mal verliehen werden. Die von Comedian Trevor Noah moderierte Gala soll live in Fernsehen und Internet übertragen werden.
Es werde einige «unglaublich kraftvolle» Auftritte geben, kündigte Produzent Winston an. Die Gala solle vor dem Hintergrund von Pandemie und Demonstrationen gegen Polizeibrutalität und Rassismus in den USA im vergangenen Jahr zudem «auf jeden Fall anerkennen, was passiert ist». Aber so sehr Corona neue Probleme für die Grammys mitgebracht hat, so sehr sind auch die alten noch da. Schon nach der Verkündung der Nominierungen im November waren Debatten losgegangen, neben Jubel gab es Frust, Enttäuschung und Zorn.
So beschwerte sich der Sänger Justin Bieber über die stilistische Einordnung seiner Musik – sein viermal nominiertes Album «Changes» sei kein Pop, sondern ein R&B-Album. Der bei den Nominierungen komplett leer ausgegangene The Weeknd, einer der erfolgreichsten Musiker Nordamerikas, zeigte sich wütend über seine Nichtberücksichtigung: «Die Grammys bleiben korrupt. Ihr schuldet mir, meinen Fans und der Industrie Transparenz.»
Auch der ebenfalls nicht nominierte Zayn Malik beklagte mangelnde Transparenz: «Wenn man nicht Hände schüttelt und Geschenke schickt, wird man bei den Nominierungen nicht bedacht. Nächstes Jahr schicke ich einen Korb mit Süßwaren.»
Zudem ging die Debatte weiter, inwieweit die Grammys der zunehmenden Diversität in der Musikszene – etwa in puncto Hautfarbe – nach einigen Verbesserungsvorstößen nun tatsächlich gerecht werden. Viele Musiker kritisierten, da müsse noch viel getan werden. Dann verkündete auch noch die schwarze Komikerin Tiffany Haddish, dass ihr die Moderation der Gala angeboten worden sei – aber ohne jegliche Vergütung. Der kommissarische Chef der Veranstalter, Harvey Mason, entschuldigte sich bei Haddish.
Bei der Gala 2020 – die wenige Wochen vor landesweiten Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie noch wie geplant und mit Publikum stattfinden konnte – hatte Billie Eilish als bislang einzige Frau in der Geschichte der Grammys in allen vier Hauptkategorien gewonnnen. Zudem war dem nur wenige Stunden zuvor im Alter von 41 Jahren bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Basketball-Star Kobe Bryant gedacht worden.
Von den deutschen Hoffnungsträgern konnte im vergangenen Jahr einzig die NDR Big Band als Begleitung des US-Jazztrompeters Randy Brecker einen Preis einheimsen. In diesem Jahr ist unter anderem der Pianist Igor Levit in der Kategorie «Bestes klassisches Instrumentalsolo» für seine Beethoven-Sonaten nominiert. Levit soll auch im Vorprogramm der Gala auftreten. Zudem haben der Violinist Augustin Hadelich und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die Frankfurt Radio Big Band sowie Orchester und Chor der Deutschen Oper Berlin Preis-Chancen.
«Ich möchte, dass die Menschen die Grammys von 2021 im Jahr 2040 schauen können und sagen: ‚Wow, was war das für eine großartige Show‘ und nicht: ‚Oh, das war das Corona-Jahr, deswegen mussten sie das so machen’», sagte Produzent Winston. «Ich glaube, das können wir erreichen, wenn wir am Sonntag alles richtig machen.»