Nur selten war das Verhältnis von Mensch und Tier wohl so eng wie nun in der Corona-Pandemie: Tierheime melden ein ungebrochenes Interesse an Haustieren, Hundeschulen bieten Kurs um Kurs an und nicht nur ambitionierte Hobbyköche machen sich mehr Gedanken um Tierwohl und artgerechte Haltungsformen.
Wo die meisten Einrichtungen geschlossen haben, zieht es zudem viele raus ins Grüne – auf der Suche nach einem Rückzugsort in der Natur.
Kaum einen passenderen Zeitpunkt könnte sich daher die Kunsthalle Emden für die neue Ausstellung «Wild/Schön. Tiere in der Kunst» ausgesucht haben. Seit kurzem ist sie in der ostfriesischen Hafenstadt zu sehen. Allein schon die Farben, Formen und Bewegungen von Tieren hätten für Künstlerinnen und Künstler über Jahrhunderte immer wieder einen ästhetischen Anreiz geboten, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sagt die Kuratorin der Ausstellung, Lisa Felicitas Mattheis. Wie Tiere abgebildet werden, sage aber auch stets etwas über das Verhältnis der Menschen zu ihnen aus, abhängig von der Epoche, erklärt die Expertin.
Rund 120 Werke in der Ausstellung, darunter Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und eine Videoinstallation spiegeln dieses ambivalente Miteinander in verschiedenen Facetten wider: Mal werden Tiere in einer profit-orientierten Agrarindustrie ausgebeutet und geschlachtet, mal werden sie als Haustiere gehalten oder finden als Spielzeug-Plüschtier im Kinderzimmer Verwendung. Wieder andere werden vergöttert oder zu wissenschaftlichen Zwecken vermessen und gesammelt.
Die Ausstellung schlägt dabei einen Bogen über rund 100 Jahre Kunstgeschichte – die berühmten «Blauen Fohlen» (1913) des Expressionisten Franz Marc, dem Lieblingsbild von Kunsthallen-Stifter Henri Nannen, sind ebenso zu sehen wie der Abdruck eines Orang-Utans aus der Serie «Endangered Species» (1983) des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol. Einige Werke wurden sogar extra für die Schau angefertigt.
Bei der überdimensionalen Video-Projektion «Dolphins» von Diana Thater können Besucher unter Wasser mit Delfinen abtauchen – einzelne Videofragmente, die über Wände, Decke und Boden laufen, erschweren dabei die Orientierung. «Hier geht es der Künstlerin darum, an unserer Wahrnehmung zu rütteln», sagt Mattheis. Wie nehmen wir Menschen Tiere wahr? Wie ist unser Blick ausgerichtet? Die Kunsthallen-Ausstellung regt unterhaltsam zum Nachdenken an.