Tommi Schmitt erinnert sich noch gut daran, wie ihn vor einigen Jahren ältere Kollegen zur Seite nahmen. Er machte damals eine Ausbildung in der Presseabteilung des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach.
Das Urteil der Arrivierten war, wie soll man sagen, zwiegespalten. Tenor: Schon ganz in Ordnung, was der Schmitt da macht. Aber es gab hier auch schon Bessere. Was sie allerdings ebenfalls sagten: Mit Tommi Schmitt ist die Stimmung immer gut. «Ein Kollege sagte auch tatsächlich: Du bist hier, glaub‘ ich, falsch», erinnert sich Schmitt heute. «Geh‘ doch mal zum Fernsehen.»
Genau dort ist Tommi Schmitt mittlerweile gelandet. Hinter der Kamera arbeitet er schon länger – vor der Kamera neuerdings. Am Donnerstag (8. April, 22.15 Uhr) präsentiert die vielleicht heißeste Aktie im deutschen Humor-Geschäft erstmals eine eigene Show bei ZDFneo, einen Mix aus Late-Night und Talk. Sie heißt «Studio Schmitt» und läuft auf einem Sendeplatz mit Vorgeschichte. Der Donnerstagabend des kleinen Kanals gehörte früher Jan Böhmermann (40), der mittlerweile im Hauptprogramm ist. Das deutet an: Man traut Tommi Schmitt Großes zu.
Sein Pfad in die Unterhaltung gehört allerdings zu den ungewöhnlichsten Wegen, die man gehen kann. Zumindest wenn man in klassischen Kategorien der Branche denkt. Schmitt fing – nachdem er sich von der Unternehmenskommunikation verabschiedet hatte – zunächst als Gag-Autor für das Fernsehen an. Er schrieb für Stefan Raabs «TV total», Luke Mockridges «Luke! Die Woche und ich» und Klaas Heufer-Umlaufs «Late Night Berlin». Eigentlich fühlte er sich in der Rolle im Hintergrund ziemlich wohl.
Irgendwann begann er allerdings, zusammen mit dem Comedian Felix Lobrecht über Gott und die Welt zu plaudern und die Gespräche aufzunehmen. Es entstand der Podcast «Gemischtes Hack», der zu den erfolgreichsten Produktionen des Anbieters Spotify überhaupt zählt – weltweit. Der Ton ist kumpelig, die Rollenverteilung relativ klar: Lobrecht ist der Mann für die steilen Thesen – Schmitt reagiert auf sie und veredelt sie mit lustigen Alltagsbeobachtungen.
Klar war, dass die immense Reichweite, die sich Schmitt so aufgebaut hat, über kurz oder lang Fernseh-Macher auf Ideen bringen würde. «Es ging im letzten Jahr los, dass sehr viele Medienmenschen mich fragten: Tommi, kannst du dir vorstellen, selbst ins Fernsehen zu gehen? Ich hab‘ das immer abgelehnt, weil ich dachte: Warum denn, ist doch ganz schön so, wie es ist, mit dem Podcast», sagt er. Irgendwann habe er aber innerlich umgeschwenkt. «Mich würde es wohl mehr wurmen, mich irgendwann fragen zu müssen, wie die Show wohl geworden wäre – statt mit einem möglichen Scheitern leben zu müssen.»
«Studio Schmitt» soll nun alles andere sein als ein abgefilmter Podcast. Schmitt wird sogar ein Stand-up machen, ganz klassisch. Obwohl er gar keine große Erfahrung damit hat. Testaufnahmen verliefen allerdings vielversprechend. «Ich erkläre mir das so, dass ich mir wohl über die Jahre unterbewusst viel zusammengesammelt habe», sagt er. «Ich habe durch den Job ja unzählige Stand-ups gesehen.» Sozialisiert wurde er, Jahrgang 1989, mit Raab und Harald Schmidt. Von Schmidt schaut er sich heute noch gerne alte Folgen an.
Es sind Dinge wie diese, die ihn mit vielen seiner Fans verbinden. Schmitt hat einen sehr anschlussfähigen Erfahrungshorizont, wenn man die deutsche Mittelschicht betrachtet. Dafür muss man gar nicht den platten Hinweis bemühen, dass er einen Durchschnittsnamen trägt. Fußball, Fernsehen, eine ziemlich solide Kindheit in einer kleinen Stadt. Das sind so die Themen. Er wirkt ausgeglichen. «Diese ostwestfälische Grundhaltung, mit der ich auch die Sendung angehe, ist ganz gesund», glaubt er. «Das „Ach, warum nicht?“ ist das Euphorischste, was du aus mir rauskriegst.»
Geformt wurde diese Geisteshaltung in Detmold in Ostwestfalen-Lippe, einer «Mischung aus Dorf und Stadt». Detmold ist zudem ein Ort, in dem es offenbar viele Leute in die Welt zieht. Schauspielerinnen stammen von dort (Iris Berben), Moderatoren (Matthias Opdenhövel) und Staatsoberhäupter (Frank-Walter Steinmeier). Alles Leute aus Jobs, die man mit klassischer Prominenz verbindet. «Podcast-Star» und «Gag-Autor» zählen noch nicht dazu. Kann aber noch kommen.