Willi Herrens letzter Weg führt ihn vorbei an einem Bildnis des heiligen Franz von Assisi, einem Einsiedler, bekannt für sein entsagungsreiches Leben.
Mit nachdenklichem Blick wacht der Heilige neben der Trauerhalle auf dem Kölner Melatenfriedhof, als Herrens Leichnam in einem schwarzen Sarg, getragen von einer Pferdekutsche, vorbeizieht. Draußen vor dem Tor halten Fotografen und TV-Teams währenddessen ihre Kameras im Anschlag – auf dem Friedhof klatscht eine Menschenmenge rhythmisch in die Hände. Es fließen Tränen. Man tritt Willi Herren nicht zu nahe, wenn man sagt: Ein Einsiedler-Leben führte er nicht. Das wird auch im Tod deutlich.
Willi Herren, der seine Fernseh-Karriere als Fiesling «Olli Klatt» in der ARD-Serie «Lindenstraße» begonnen hatte, war vor rund zwei Wochen leblos in seiner Wohnung gefunden worden – im Alter von gerade mal 45 Jahren. Die genaue Ursache ist noch unbekannt, eine Obduktion ergab aber keine Hinweise auf eine äußere Gewalteinwirkung. Daher kann er nun beerdigt werden.
Die Trauerfeier am Mittwoch ist so gestaltet, dass sie Herren, geboren in Köln als Teil einer Großfamilie und selbst ernannte «kölsche Frohnatur», wohl gefallen hätte. Dominante Farben sind Rot und Weiß, die sich auch im Kölner Stadtwappen wiederfinden. Auf dem Sarg ist auf der einen Seite «Kölsche Jung» über der Silhouette von Köln mitsamt Dom zu lesen, auf der anderen Seite «Tschüss, Ciao und auf Willisehen». Das klingt fast wie ein Schlager, von denen Herren zu Lebzeiten auch einige sang.
Auch abseits der eigentlichen Trauerfeier spiegelt die Beerdigung aber auch ein wenig wider, wie Herren gelebt hat. Drogenskandale, die Trennung von seiner Frau, ab und zu fragwürdige Auftritte: Wirklich ruhig war es nie um ihn. Deshalb war er auch gerngesehener Teilnehmer in vielen Reality-Formaten im Fernsehen, in denen er sich ohne Allüren ausleuchten ließ. Deswegen mochten ihn auch viele Menschen, die nun den Weg auf den Friedhof gefunden haben. Aber Irritationen waren dabei auch immer inklusive.
Auch vor dem Friedhofstor kratzt man sich nun zeitweise verwundert den Kopf. Wie schon in die zurückliegenden Wochen – in denen nach Herrens Tod bei ihm eingebrochen wurde und sein erst vor kurzer Zeit eröffneter Reibekuchen-Foodtruck direkt wieder abbrannte – wirkt manches wie eine direkte Verlängerung des Reality-Fernsehens.
Plötzlich etwa bauen sich zwei Bestatter vor den wartenden Kamera-Teams auf. Einer von ihnen, der Chef, sagt, er sei ein Freund von Herren gewesen. Nun seien sie für die Pferde und die Kutsche zuständig – aber nicht für die ganze Bestattung, die mache ja ein anderes Unternehmen. Er merkt kritisch an: «Es gibt ein bisschen Durcheinander. Keiner weiß, wer was hier zu sagen hat.» Der Geschäftsführer des angesprochenen anderen Unternehmens, widerspricht, ebenfalls vor Journalisten: «Es läuft alles nach Plan.»
Fest steht, dass es eine prächtige Kutsche ist, die Herren zum Grab fährt. «Man achte besonders auf die Hufe», erläutert einer der beiden Bestatter, der einen gezwirbelten Schnauzbart trägt. «Alles hochglanzpoliert! Wir habe da zwei Kameraden, die jeweils mit 1250 Kilo dem Willi die letzte Ehre erweisen.»
Auch die Gästeschar ist illuster. Als ein Reporter einen Mann fragt, wie er denn heiße, sagt dieser lapidar: «Ich bin „Der Lange Tünn“.» Bürgerlich heißt «Der Lange Tünn» eigentlich Anton Claaßen, er ist in Köln eine sogenannte Türsteher- und Zockerlegende. Und ein Freund von Willi. «Der Willi war einfach einmalig», erklärt er. Der habe noch Ecken und Kanten gehabt – heute seien die Leute einfach zu «glitschig». «So Typen wie der Willi, die sterben aus. Leider», sagt «Der Lange Tünn». «Der gehört zu Köln wie der Kölner Dom.»
Mit Blick auf Herrens Grab will man ihm am Ende beipflichten. Er liegt nun nur wenige Schritte entfernt von der Kölner Lokalikone schlechthin, dem Volksschauspieler Willy Millowitsch. Mehr ist für einen Kölner nach dem Tod kaum zu erreichen.