Was waren das für Monate. Die Kinos im ganzen Land dicht, viele Filmstarts verschoben. Und mit der Berlinale musste eines der wichtigsten Festivals vorerst ins Netz ausweichen.
Dass ein Teil der Filmfestspiele in Berlin doch noch mit Publikum stattfindet, schien wegen der Pandemie lange unwahrscheinlich. Aber nun eröffnet die Berlinale an diesem Mittwoch (9. Juni) ihre Sommerausgabe.
Eröffnungsfilm mit Jodie Foster
Erstmals seit langem finden die Internationalen Filmfestspiele damit wieder im Sommer statt. Auch die erste Ausgabe 1951 wurde im Juni eröffnet, damals mit Alfred Hitchcocks «Rebecca». Diesmal ist das Justizdrama «Der Mauretanier» mit Jodie Foster der offizielle Eröffnungsfilm. Allerdings – und das muss man gleich sagen – wird die Berlinale ziemlich anders aussehen als üblich.
Als Kulisse dient nicht der Potsdamer Platz, sondern unter anderem die Museumsinsel. Ein Freiluftkino wird dort aufgebaut, roter Teppich wird verlegt. Die Filmvorführungen finden diesmal alle draußen statt, an 16 verschiedenen Spielstätten. Besucherinnen und Besucher werden Masken und zum Beispiel einen Coronatest mitbringen müssen. Und auch wenn etliche Filmteams kommen – die großen Namen fehlen.
Jodie Foster zum Beispiel könne leider nicht anreisen, sagte Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei Gästen aus Großbritannien sei das schwierig. Unter den vielen Filmen, die auf der Berlinale gezeigt werden, ist ein bewegender Dokumentarfilm über Sängerin Tina Turner. Die 81-Jährige wird ebenfalls fehlen. «Das ist tatsächlich schade.»
60 000 Tickets gibt es
Beim Großteil der gezeigten neuen Filme aber werden Teams erwartet. Schauspieler Daniel Brühl stellt sein Regiedebüt vor, den Psychothriller «Nebenan». Filmemacher Dominik Graf zeigt seine Verfilmung von Erich Kästners Roman «Fabian» mit den Schauspielern Tom Schilling und Albrecht Schuch. Regisseurin Maria Schrader erzählt in «Ich bin dein Mensch» von der Liebe zu einem Roboter.
Rund 60 000 Kinotickets wird es diesmal geben. Das ist zwar deutlich weniger als sonst, aber nach monatelangem Daheimsitzen ein Anfang. Darauf hofft auch die Kinobranche. Nach und nach wollen die Kinos nämlich wieder öffnen. Der Ticketverkauf zur Berlinale begann am letzten Donnerstag – und die Server waren erstmal überlastet. Die Berlinale zeigt nun Filme, die in nächster Zeit ins Kino kommen sollen.
Dazu gehört die experimentelle Satire «Bad Luck Banging or Loony Porn». Der Film des rumänischen Regisseurs Radu Jude hat in diesem Jahr den Goldenen Bären gewonnen, die wichtigste Ehrung der Berlinale. Die Preisträger waren schon im März bekanntgegeben worden, sie bekommen aber erst jetzt ihre Auszeichnungen. Zudem soll nun auch noch das Publikum seinen Favoriten wählen dürfen.
Die Berlinale nutzt mit ihrer Sommerausgabe eine zeitliche Lücke vor den Festivals in Cannes und Venedig. Normalerweise findet das Berliner Festival im Februar statt. Und, wie fühlt sich die Festivalleitung kurz vor dem Start? «Aufgeregt, ehrlich gesagt», sagte Rissenbeek. «Weil das eine ganz neue Berlinale sein wird.»
Reines Open-Air-Event
Es habe natürlich auch eine euphorisierende Wirkung, draußen zu sitzen und endlich wieder Filme auf einer Leinwand sehen zu können, sagte Rissenbeek. Haben alle schon Regenschirme parat gelegt? «Ja, natürlich, wir sind bestens ausgestattet.» Auch das Berliner Publikum sei es gewohnt, möglicherweise im Regen sitzen zu müssen. Auf der Museumsinsel wird eigens eine LED-Leinwand errichtet, Filme können dann schon vor Einbruch der Dunkelheit gezeigt werden.
Eine Absage, das wollten die Organisatoren vermeiden. Ihr Ziel sei es immer gewesen, «dass die Berlinale überhaupt stattfinden kann und nicht wie andere Festivals abgesagt werden muss», sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Bund bezuschusst das Festival in diesem Jahr mit zusätzlichen zehn Millionen Euro.
Rissenbeek sagt, sie fühlten sich sowohl dem Publikum als auch den Filmemachern sehr verpflichtet. Im September 2020 seien sie guter Dinge gewesen, dass im Februar ein Festival stattfinden könne. Damals habe es auch ein großes Interesse gegeben. Eine spätere Absage, sagt Rissenbeek, hätte bedeutet, viele Filme für andere Festivals zu blockieren.
Die Filmteams, sagt Rissenbeek, hätten dann bei einer Absage unverrichteter Dinge nach Hause geschickt werden müssen. Dabei ist gerade jetzt die Aufmerksamkeitsmaschinerie wichtig. Filmfestivals bringen nicht nur schöne Bilder vom roten Teppich, sondern eben Werbung für Filme. Und noch scheint keiner sagen zu können, wie die Pandemie die Branche verändern wird. Die Kinobetreiber jedenfalls hoffen auf einen Neustart – auch mit Filmen von der Berlinale.