Vom ursprünglichen Flair des ersten Hard Rock Cafes ist in den meisten Filialen nicht mehr viel zu spüren. Aus den Lautsprechern dröhnt kaum noch Rock von Cream, The Doors oder Led Zeppelin, stattdessen angesagte Popmusik von Ariana Grande oder Calvin Harris.
Auf dem Menü stehen längst nicht mehr nur Burger, Steak und Chili con Carne, sondern auch vegane Alternativen. Und der Merchandising-Shop ist heute mindestens genauso wichtig wie das Restaurant. In 50 Jahren ist aus einem rebellischen Kultlokal ein internationaler Konzern geworden, eine wirtschaftliche Goldgrube. Davon profitiert vor allem ein Stamm amerikanischer Ureinwohner.
Als das Lokal am 14. Juni 1971 in der Londoner Old Park Lane eröffnet wurde, gab es auch noch nicht die unzähligen Rock’n’Roll-Erinnerungsstücke an den Wänden und in den Vitrinen, für die das Unternehmen berühmt ist. Darunter neben unzähligen Gitarren das Schlagzeug von Led-Zeppelin-Drummer John Bonham, ein purpurner Samtanzug von Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards und eine Lederjacke von Madonna. Was klein begann, hat sich zu einem milliardenschweren Großkonzern entwickelt, der inzwischen nach eigenen Angaben über 180 Restaurants, 25 Hotels und 11 Kasinos in 75 Ländern betreibt.
Auf der Suche nach Hamburgern
Die US-Amerikaner Isaac Tigrett und Peter Morton, die mit Anfang 20 in London lebten, gründeten das Lokal damals aus einem simplen Grund. Sie hatten in der britischen Hauptstadt vergeblich nach guten Hamburgern im amerikanischen Stil gesucht. «Es war nicht mehr als die verrückte Idee von zwei klugen amerikanischen Hippies», schreibt Rita Gilligan, Kellnerin seit der ersten Stunde, in ihrem Buch «The Rock ‚N‘ Roll Waitress at the Hard Rock Cafe».
In den ehemaligen Räumen eines Rolls-Royce-Händlers entstand das erste Hard Rock Cafe. Den Namen hatte das Duo auf der Doors-LP «Morrison Hotel» gelesen. Auf der Rückseite des Albums ist ein Restaurant mit dem selben Titel abgebildet. Ihr Vermieter gab Tigrett und Morton anfangs nur einen Vertrag über sechs Monate. «Niemand dachte, dass die beiden Erfolg haben würden», so Gilligan, die mit Ende 70 als Botschafterin des Hard Rock Cafe weltweit neue Filialen eröffnet. «London war damals ganz anders als heute. Fast Food und laute Musik? Das klang bekloppt für mich. Das hat man in einem Restaurant damals einfach nicht gemacht.»
Dass jedes Hard Rock Cafe heute nicht nur Restaurant, sondern auch eine Art Musikmuseum ist, verdankt die Kette der Eitelkeit zweier Rocklegenden. Der mittlerweile 76-jährige Eric Clapton war damals einer der ersten prominenten Stammgäste des Lokals – und bat 1978 darum, seine Gitarre über seinem Lieblingsplatz aufzuhängen, eine Lead II Fender. Als The-Who-Gitarrist Pete Townshend das sah, fuhr er angeblich nach Hause und schickte dem Restaurant mit einem Kurier seine eigene Gitarre. Der Rest ist Geschichte. In den 1980er Jahren begannen die Gründer Tigrett und Morton zu expandieren – rund um den Globus entstanden Franchise-Filialen, Hard Rock wurde zur Weltmarke.
Nach mehreren Eigentümerwechseln übernahm 2007 ein Investor aus den USA die Kette – für fast eine Milliarde Dollar. Allerdings handelte es sich nicht um eine Private-Equity-Gesellschaft oder einen Hedgefonds, sondern um einen Stamm amerikanischer Ureinwohner. Während viele Ureinwohner in Amerika ein tristes Dasein in verarmten Reservaten fristen, hat der Seminole Tribe of Florida mit Kasinos ein Vermögen gemacht. Die Seminolen nennen sich selbst «die Unbesiegten» und «den einzigen Stamm Amerikas, der noch nie einen Friedensvertrag unterzeichnete». Fest steht: In der hart umkämpften Glücksspielbranche ist der Stamm aus Florida ein Schwergewicht.
Marke mit hoher Strahlkraft
Und auch mit dem Kauf der Hard-Rock-Kette bewiesen die Seminolen ein glückliches Händchen, wie der damalige Häuptling James Billie 2015 bei einem Besuch der Filiale in Berlin erklärte. Der Umsatz sei innerhalb von zehn Jahren von 700 Millionen auf 3,9 Milliarden Dollar gestiegen, hieß es damals. Zuletzt lagen die jährlichen Erlöse nach Angaben des Restaurant-, Hotel- und Kasino-Imperiums schon bei mehr als 6,0 Milliarden Dollar. Trotz der Pandemie bleibt Hard Rock also gut im Geschäft – nicht zuletzt aufgrund der Merchandising-Einnahmen.
Denn auch wenn der Rock’n’Roll-Vibe der Anfangszeit etwas verflogen sein mag, hat die Marke weiter hohe Strahlkraft. Das schlachtet das Unternehmen unter anderem mit einem riesigen Online-Shop für Fanartikel aus. Das Logo des 2017 gestorbenen Designers Alan Aldridge wurde irgendwann zum Erkennungszeichen der Globetrotter.
Mit dem T-Shirt aus dem Hard-Rock-Shop konnte man zeigen, wo man war. Von «Hard Rock Cafe Los Angeles» oder «Hard Rock Cafe Buenos Aires» bis zu Exoten wie «Hard Rock Cafe Chiang Mai» oder «Hard Rock Cafe Port El-Kantaoui», das Shirt war ein beliebtes Reisesouvenir auch bei vielen Touristen, die gar nicht erst zum Essen Platz nahmen. Zum Jubiläum erscheint natürlich eine neue Kollektion.
Der Merchandisingshop in London, der auf der anderen Straßenseite des Hard Rock Cafes in einer ehemaligen Bank errichtet wurde, beherbergt übrigens im Keller in einem begehbaren Safe ein Museum. Dort kann man auf Anfrage ganz besondere Rock’n’Roll-Souvenirs bestaunen – etwa das Cembalo, das die Beatles in den Abbey Road Studios für die Aufnahmen zu «Sgt Pepper’s Lonely Hearts Club Band» benutzten, eine Kirchenbank aus dem Nachlass von Jimi Hendrix und einen Mantel von Elvis Presley.
Neben dem ersten Hard Rock Cafe gibt es in der britischen Hauptstadt noch ein zweites am berühmten Piccadilly Circus und auch ein Hard Rock Hotel. In der Old Park Lane, wo einst alles begann, läuft auch heute aus Prinzip fast nur Rockmusik, wie ein Mitarbeiter versichert, von ZZ Top über The Clash bis Guns N‘ Roses. Und zum 50. Jubiläum am 14. Juni soll wirklich wieder alles wie früher sein. Für einen Tag gilt im Hard Rock Cafe die Speisekarte von 1971 mit den Preisen von damals. Den berühmten Hamburger gibt es dann schon für 50 Pence.