Jazz-Trompeter Louis Armstrong bei einem Konzert in Frankfurt/Main 1955. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Heinz-Jürgen Göttert/dpa)

An der Straßenecke steht ein kleiner Kiosk, ein Restaurant bietet Gerichte aus der Dominikanischen Republik, daneben verkauft ein Laden Besen und Klopapier.

Am anderen Ende des Straßenblocks von eng aneinander gereihten meist zweistöckigen Häuschen wäscht ein Mann ausgiebig sein Auto, aus dem Gebäude dahinter dringt Salsa-Musik. Genau dazwischen verbrachte Louis Armstrong, der am Dienstag (6.7.) vor 50 Jahren starb und bis heute als einer der besten Trompeter der Jazz-Geschichte gilt, einen Großteil seines Lebens.

Mit Songs wie «What a Wonderful World» und «Hello, Dolly» wurde Armstrong zum weltberühmten Trompeten-Star und «König des Jazz», außerdem sang er, komponierte und schauspielerte, baute seine eigene Band auf und hatte eine eigene Radioshow. Seine Hits vertrieben zeitweise sogar die Beatles von den vordersten Chartsplätzen. Der Mann mit der unverkennbaren Reibeisenstimme war in ärmlichen Verhältnissen in New Orleans aufgewachsen, hatte sein Instrument einst im Jugendarrest gelernt und später auf Flussdampfern auf dem Mississippi gespielt, bis er den Jazz-Musiker Joe «King» Oliver kennenlernte, der zu seinem Mentor wurde und ihn in Chicago und später New York zum Star machte und mit Größen wie Ella Fitzgerald, Benny Goodman und Duke Ellington zusammenbrachte.

Aber auch als er längst zu Berühmtheit und Reichtum gekommen war, blieb Armstrong in dem bescheidenen Backstein-Haus tief im New Yorker Stadtteil Queens, weit entfernt von Manhattans Wolkenkratzern, das er 1943 gemeinsam mit seiner vierten Ehefrau Lucille erworben hatte. «Das Haus ist vielleicht nicht das schönste», schrieb der Star-Trompeter einmal, «doch wer es betritt, das Heim der Armstrongs, der findet viel Gemütlichkeit und Glücklichsein».

Armstrong liebte sein Zuhause – und seine Nachbarn liebten ihn. Wenn seine Trompete mal ein paar Tage lang nicht zu hören war, klingelten sofort besorgte Nachbarn und erkundigten sich bei Lucille nach ihm, erzählen die Kuratoren des Museums. Wenn der Trompeter, der selbst nie Kinder hatte, von einem Auftritt oder einer Tournee zurück nach Hause kam, rannten die Kinder der Nachbarschaft herbei und halfen ihm, Instrument und Gepäck ins Haus zu bringen. «Danach brachte Lucille jedem eine Schüssel Eis und gemeinsam schauten sie Western-Filme im Fernsehen.»

Am 4. Juli 1971 feierte Armstrong seinen 71. Geburtstag – auch wenn nach seinem Tod Dokumente aus seiner Geburtsstadt New Orleans belegen sollten, dass er nicht wie von ihm angegeben am 4. Juli 1900, sondern am 4. August 1901 geboren worden war. Der Trompeter war schon seit einiger Zeit gesundheitlich angeschlagen gewesen und hatte keine Konzerte mehr gegeben. Am 5. Juli aber rief er seinen Manager an und bat ihn, die Band für eine Probe zusammenzubringen, wie es vom Museum heißt. In der darauf folgenden Nacht starb Armstrong. Beerdigt wurde er auf dem Friedhof von Flushing, noch tiefer östlich in Queens – mit einer weißen Trompete und seinem Spitznamen «Satchmo», der auf Witzeleien rund um seinen großen Mund her stammt, auf dem Grabstein.

Seine Nachbarn in der 107. Straße im Viertel Corona aber nannten ihn lieber «Pops», wie auch enge Freunde und Musiker-Kollegen. Das rote Backsteinhaus gehört nach dem Tod von Lucille 1983 inzwischen der Stadt New York, ist innen fast im Originalzustand erhalten und seit 2003 Museum.

Ausgerechnet zum 50. Todestag seines berühmten Bewohners ist das Gebäude allerdings hinter einem Baugerüst verhüllt und wegen der Coronavirus-Pandemie vorübergehend geschlossen. Auch gegenüber zwischen zwei leerstehenden Häusern wird derzeit gebaut – dort soll noch in diesem Sommer ein Gemeinschaftszentrum für Ausstellungen, Vorträge und Diskussionsrunden als Erweiterung des Museums eröffnet werden. Für den Samstag nach dem 50. Todestag hat das Museum eine große Party auf dem Straßenblock angekündigt, um «das Leben von Louis Armstrong zu feiern». Ein paar Straßen weiter sind unter anderem eine Schule, ein Spielplatz und ein Tennis-Stadion nach Armstrong benannt, in New Orleans heißt der Flughafen nach ihm.

Der Trompeten-Legende war immer der Blick für das Schöne in der Welt besonders wichtig. Bevor er bei seinen Konzerten «What a Wonderful World» anstimmte, sagte er häufig zum Publikum: «Ihr sagt: „Hey Pops, was soll der Quatsch mit der wunderbaren Welt, schau Dich doch um.“ Ich weiß, aber ich singe das, damit ihr seht, wie schön die Welt sein kann, wenn wir sie schön machen.»

Von Christina Horsten, dpa