Wenn Frauen wie Rut Brandt, Hildegard Knef und Monacos Fürstin Gracia Patricia so richtig chic aussahen, so war das auch einem Mann zu verdanken: Uli Richter. Er gehörte zu den wichtigsten Designern im Nachkriegsdeutschland.
Zum 90. Geburtstag im Dezember 2016 ehrte ihn das Berliner Kunstgewerbemuseum mit einer Ausstellung. Da zeigte sich, was Richter alles war: «Modedenker, Lehrer, Inspiration». Am Donnerstag ist Richter im Alter von 94 Jahren gestorben, wie sein langjähriger Anwalt am Freitag unter Berufung auf das engste Umfeld Richters mitteilte.
Angefangen als Textil-Kaufmann
«Ästhet war ich schon als Kind», sagte Richter einmal. Nach einer behüteten Kindheit in Potsdam fing er zunächst eine Ausbildung in einer Drogerie an. Dann wurde er zum Wehrdienst eingezogen und konnte aus Gesundheitsgründen die Lehre nach dem Krieg nicht fortsetzen. So wurde er Textil-Kaufmann und entwarf 1949 als Volontär bei «Horn» sein erstes Modellkleid: «Marcelle» wurde zum Bestseller.
Später war Richter Unternehmer und prägte über Jahre Berlin als Modemetropole. Sein Archiv, das die staatlichen Museen hüten, ist riesig. Darunter sind mehr als 650 Modellkleider, Mäntel, Kostüme und Accessoires sowie 11 000 Kollektionszeichnungen. Als typisch für seinen sportlich-eleganten Stil gilt beispielsweise ein tomatenrotes Abendkleid, ein Entwurf von radikaler Schlichtheit. Auf einem Bild zur Berliner Ausstellung trägt eine Lady Rock und Cape im Hahnentritt-Muster.
Alternative zur Haute Couture
Richter war der erste deutsche Designer, der 1962 auf eine günstigere Linie (Prêt-à-porter) setzte. «Die Haute Couture wurde immer teurer, ich wollte, dass die normale Frau meine Mode auch bezahlen kann», zitierte ihn die «Berliner Zeitung» dazu.
Richter war international unterwegs: Regelmäßig reiste er zu den Schauen nach Paris. Mit dem Designer Hubert de Givenchy verband ihn eine lange Freundschaft. Bei der Weltausstellung 1970 in Japan kleidete er die Hostessen für den deutschen Pavillon ein.
Nach mehr als 30 Jahren gab er 1982 sein Unternehmen auf und betreute später wichtige Kundinnen als Privatier. Angeblich gab es eine Kundin, die 38 Schränke mit seinen Kollektionen füllte.
Er inspirierte den Nachwuchs
An der heutigen Universität der Künste in Berlin prägte Richter junge Kreative. In seinen Seminaren arbeitete er mit dem Fotografen F.C. Gundlach zusammen. Für die Ausstellung zu seinem 90. Geburtstag ließen sich Nobi Talai, Michael Sontag, William Fan und Philomena Zanetti von Richter inspirieren. Namen, die man heute von der Berliner Modewoche kennt.
Die «Berliner Morgenpost» notierte nach einem Besuch in Richters Grunewald-Villa folgenden Ratschlag: «Jeder sollte – wie es die berühmte Coco Chanel einmal sagte – sich einmal am Tag vor den Spiegel stellen und sich fragen: Was bin ich für ein Typ? Wie möchte ich aussehen? So gut wie möglich? Oder ist es mir egal, ob ich schlampig oder schlunzig wirke?»