Zunächst schien es, als würde der gesellschaftliche Höhepunkt der diesjährigen Salzburger Festspiele ins Wasser fallen. Die Starsopranistin Anna Netrebko hatte sich kurz vor ihrem mit Spannung erwarteten Auftritt als Tosca in Giacomo Puccinis gleichnamiger Erfolgsoper eine Erkältung zugezogen.
Doch die russische Diva erholte sich rechtzeitig und absolvierte am Samstagabend im Großen Festspielhaus an der Seite ihres Ehemanns Yusif Eyvazov ihre obligatorische musikalische Visite beim weltgrößten Musik- und Theaterfestival.
Dass der Schlussbeifall nur mittlere Orkanstärke erreichte, mag auch am robusten Dirigat des Freiluft erprobten italienischen Kapellmeisters Marco Armiliato am Pult der Wiener Philharmoniker gelegen haben, der dazu neigte, die Sängerinnen und Sänger mit allzu großer Phonstärke zu übertönen. Netrebko brillierte vor allem in der mit anhaltendem Szenenapplaus bedachten Arie «Vissi d’arte», während Eyvazov als ihr Geliebter Mario Cavaradossi mit seinem tenoralen Bravourstück «E lucevan le stelle» eher pflichtgemäß-freundlichen Beifall einheimste.
Gezeigt wurde an diesem Opernabend eine Wiederaufnahme der Inszenierung des österreichischen Regisseurs Michael Stürminger von den Osterfestspielen 2018, damals mit Christian Thielemann am Pult der Staatskapelle Dresden. Er hatte die Handlung aus dem repressiven Kirchenstaat der napoleonischen Zeit ins Mafiamilieu des modernen Roms verlegt – mit einer spektakulären Tiefgaragen-Schießerei zum Auftakt. Am Ende stürzt sich Tosca nicht selbst in den Tod, sondern wird, anders als im Original, vom Unterwelt-Paten Scarpia, gesungen vom Bariton Ludovic Tézier, erschossen, nachdem dieser schon seinen Widersacher Cavaradossi hatte ermorden lassen.
Trotz Corona-Pandemie gibt es in diesem Jahr in Salzburg wieder ein volles Programm mit 168 Aufführungen aus Oper, Schauspiel und Konzert an 46 Tagen. Die Salzburger Festspiele enden am 31. August.