Nur wenig mehr als zwei Jahre war Meghan Markle aktives Mitglied des britischen Königshauses – dennoch war es der wohl folgenreichste Abschnitt der jüngeren Geschichte für die Royal Family.
Spätestens seit dem «Megxit», wie der royale Abschied von Meghan und ihrem Mann Prinz Harry genannt wird, tobt die Debatte über die Deutungshoheit von Meghans Zeit im Palast. Mittlerweile wohnt die Ex-Schauspielerin («Suits») mit Harry (36) und den Kindern Archie (2) und Baby Lilibet in Kalifornien. Heute wird die engagierte Kämpferin für Frauenrechte 40 Jahre alt.
Frischer Wind im Königshaus
Verkündung der Verlobung mit Queen-Enkel Harry am 27. November 2017, Hochzeit am 19. Mai 2018, Geburt von Söhnchen Archie am 6. Mai 2019 – und Auszug aus dem Palast im Januar 2020: Meghans kurze Zeit in der Royal Family wirkt wie ein Wirbelsturm. Schon früh begeisterte die dynamische junge Frau die Royals-Fans mit ihrem selbstbewussten, frischen Auftreten. Gemeinsam mit Harrys Bruder Prinz William und dessen Frau Herzogin Kate wurde das Paar in der Öffentlichkeit als «Fab Four» gefeiert, als fantastische Vier. Auf dem Quartett ruhten die Hoffnungen für eine Modernisierung des Königshauses.
Doch mittlerweile könnte der Graben kaum tiefer sein. Mit ihrem Auszug in Meghans Heimat USA haben der Herzog und die Herzogin von Sussex bei Harrys geliebter Großmutter Queen Elizabeth II. für Ärger gesorgt, zwischen den einst vertrauten Brüdern soll eisige Stimmung herrschen. Dass Meghan und Harry seitdem in aller Öffentlichkeit, etwa im viel beachteten TV-Interview mit US-Moderatorin Oprah Winfrey, regelmäßig die Royal Family kritisieren, hat die Spannungen deutlich verstärkt. Meghan wiederum, mit Harry eng an ihrer Seite, fühlt sich von den Royals alleingelassen, im Oprah-Interview beklagte sie unmenschlichen Druck und Rassismus und sprach über Suizidgedanken.
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Team Meghan oder Team Windsor – die Fronten sind klar verteilt. Dabei kommt es zu einer interessanten geografischen Verteilung, denn die Wahrnehmung ist in den USA und Großbritannien völlig konträr. «Amerikaner nehmen Meghan Markle als Rassismusopfer wahr», sagt die Promi-Expertin Ashley Pearson in der Dokumentation «Meghan at 40: The Climb to Power», die der britische Sender Channel 5 kurz vor dem Geburtstag ausstrahlte. Für Briten wiederum sei Meghan eine Narzisstin, die den geliebten Harry entführt habe.
Das spiegelt sich in den Reaktionen wider: Sängerin Beyoncé bedankte sich bei Meghan für deren Mut. «Wir alle sind gestärkt und inspiriert von Dir», schrieb sie auf ihrer Webseite. Auch die frühere First Lady Michelle Obama stärkte Markle den Rücken. In Großbritannien waren solche Stimmen kaum zu hören, aus dem Palast kamen höchstens Verteidigungsbotschaften.
Kalifornien vs. Windsor
Der Unterschied in der Wahrnehmung auf beiden Seiten des Atlantiks dürfte vielfältige Gründe haben. Auffallend ist dabei vor allem, dass die Zeiten des royalen Aufruhrs in die Zeit der größten Rassismus-Debatte in den USA seit Jahrzehnten fielen. Der gewaltsame Tod des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020 führte zu einer Sensibilisierung bezüglich alltäglicher und struktureller Diskriminierung. So auch bei der Behandlung der US-Amerikanerin Markle in Teilen der britischen Presse, deren Berichte von vielen Amerikanern als rassistisch wahrgenommen wurden. Meghans Mutter ist schwarz.
Zudem sind Vorbehalte gegen das britische Königshaus als ewig gestrige Institution in den Vereinigten Staaten, die ihren Unabhängigkeitskrieg gegen das Vereinigte Königreich führten, weit verbreitet. Das ist für viele ein weiterer Grund, sich auf die Seite derer zu schlagen, die Windsor den Rücken zudrehen und Amerika als modernere Heimat bevorzugen. In Kalifornien kommen Meghan und Harry gut an, sie wirken locker und zugleich bescheiden.
Versöhnung bleibt fraglich
Der Zusammenprall zwischen den Traditionen des Palastes und Meghan, die Wert auf Unabhängigkeit und Meinungsfreiheit legt und dafür anfangs vom Palast gelobt wurde, war vermutlich unausweichlich. Sie sei aber nicht die Böse, gibt Royals-Expertin Emily Andrews zu bedenken – und auch der Begriff «Megxit» sei falsch, weil er Meghan als Drahtzieherin verurteile. «Die Samen waren schon gepflanzt, Harry wollte raus», sagt Andrews. Die teils rassistischen Angriffe gegen Meghan gaben ihm lediglich einen Grund. Harry wollte mit dem Auszug vor allem seine Familie beschützen. Das ist eine Konsequenz aus den Erfahrungen seiner Mutter Prinzessin Diana, die 1997 von Paparazzi verfolgt tödlich verunglückte.
Eine Versöhnung zwischen Windsor und Kalifornien ist nach wie vor möglich, die Queen selbst soll daran interessiert sein. Angeblich will sie Harry und Meghan zu ihrem Platin-Jubiläum 2022 einladen, dann sitzt sie seit 75 Jahren auf dem Thron. Fraglich ist nur, ob Störfeuer bis dahin ausbleiben. Neue Aufregung ist aber bereits in Sicht: Harry hat für 2022 seine Memoiren angekündigt.