Britney Spears Unterstützer Brian Molina feiert vor dem Gerichtsgebäude in Los Angeles, wo ein Richter dem Vater von Britney Spears die Vormundschaft entzogen hat, die das Leben der Sängerin seit 13 Jahren kontrolliert. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Chris Pizzello/AP/dpa)

Für den Anwalt von Britney Spears ist es ein «großartiger Tag für Gerechtigkeit», für den Pop-Star ein weiterer Meilenstein auf ihrem langen Weg in ein selbstbestimmtes Leben:

Nach 13 Jahren unter der Vormundschaft ihres Vaters Jamie Spears ist die 39-jährige Sängerin am Mittwoch dem Ziel «Free Britney» einen großen Schritt näher gekommen. In einem Gerichtssaal in Los Angeles holte Richterin Brenda Penny «im besten Interesse der Betreuten» gegen den 69-jährigen Vater von Spears aus und setzte ihn als Vormund ab.

Damit kam sie dem dringlichen Antrag von Mathew Rosengart nach, der als Anwalt der Sängerin schon länger die Enthebung des Vaters gefordert hatte. «Britney verdient es, morgen aufzuwachen, ohne ihren Vater als Vormund», sagte Rosengart vor Gericht, wie der Sender CNN berichtete. Bei der Anhörung beschrieb er Jamie Spears demnach als «grausamen, toxischen und missbräuchlichen Mann». Das Gericht setzte am Mittwoch den Buchhalter John Zabel vorübergehend – bis zum Jahresende – als Vormund für die Finanzen der Sängerin ein.

Vor dem Gerichtsgebäude in Los Angeles brach lauter Jubel aus. Dort hatten sich Hunderte Fans versammelt und mit Sprechchören und Plakaten Freiheit für Spears gefordert. Die Sängerin war der Anhörung ferngeblieben, doch auf Instagram reagierte sie schnell auf den juristischen Sieg. «Bin im siebten Himmel im Moment», schrieb Spears zu einem Video, das sie neben einem Piloten im Cockpit eines kleinen Propellerflugzeugs zeigt. Zum ersten Mal würde sei ein Flugzeug steuern. Ort und Zeitpunkt ihres Höhenflugs nannte sie nicht.

Ihr Verlobter, Sam Asghari (27), gratulierte auf Instagram mit dem Foto einer Löwin. «Die Macht der Löwin», schrieb er zu dem Hashtag #freebritney. Auf Twitter gratulierten außerdem mehrere berühmte Kolleginnen. «Danke Gott», schrieb etwa Sängerin Cher. Sie habe schon seit Jahren darüber gesprochen und für Spears gebetet. «Ich bin mehr als begeistert! Gesegnet sei unser Superstar.»

Dionne Warwick bezeichnete die Gerichtsentscheidung als «wundervolle Nachrichten» und schrieb: «Sie kann jetzt atmen. Herzlichen Glückwunsch, Britney. Genieße dein Leben.» «Herzliche Glückwünsche» kamen auch von Michael Jacksons Schwester La Toya, die dazu ein Foto der Sängerin teilte.

Doch der Richterspruch am Mittwoch war nur ein Teilsieg für den Popstar, denn die Vormundschaftsregelung bleibt zunächst bestehen. Die nächste Anhörung in dem Fall soll laut dem Portal «TMZ.com» am 12. November stattfinden. Dann könnte das Gericht über die mögliche Aufhebung aller Auflagen entscheiden, hieß es. In diesem Punkt sind sich Jamie Spears und Anwalt Rosengart ausnahmsweise einig: Beide plädierten für die komplette Abschaffung der Vormundschaft.

Jamie Spears (69) hatte seit 2008 die Vormundschaft für seine Tochter inne, nachdem die Sängerin wegen privater und beruflicher Probleme psychisch zusammengebrochen war. Zunächst verwaltete er das Millionen-Vermögen und private Anliegen seiner Tochter. 2019 trat er kürzer, blieb aber für die Finanzen zuständig. Für die persönlichen Belange der Sängerin, darunter medizinische Anliegen, ist seither als Mit-Vormund Jodi Montgomery zuständig.

Vorwürfe auch gegen Familie und Betreuer

Bei Anhörungen im Juni und Juli hatte Spears in emotionalen Ansprachen ihren Vater heftig angegriffen und Vorwürfe gegen ihre Familie und Betreuer erhoben. Sie werde von allen kontrolliert und könne selbst nicht über ihr Leben bestimmen, erklärte die Sängerin von Hits wie «Oops! … I Did It Again» oder «Baby One More Time». Sie sei bedroht worden und habe Angst vor ihrem Vater. Stellenweise brach der Popstar dabei in Schluchzen aus.

Nach einer neuen Dokumentation der «New York Times» soll Spears unter der Vormundschaft ihres Vaters jahrelang massiv überwacht worden sein. In ihrem Schlafzimmer seien ein Abhörgerät angebracht und Daten auf ihrem Handy kopiert worden, hieß es in der Doku «Controlling Britney Spears» unter Berufung auf Material, das von einem ehemaligen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma zur Verfügung gestellt worden sei. Mit «Britney vs Spears» veröffentlichte der Streaming-Dienst Netflix diese Woche eine weitere Doku mit Vorwürfen.

Der Fall Spears hatte bereits durch die erste Dokumentation der «New York Times» zu dem Thema im Frühjahr viel Aufmerksamkeit erlangt. «Framing Britney Spears» entfachte heftige Diskussionen vor allem in den sozialen Netzwerken. Viele Prominente und Fans bekundeten unter dem Hashtag «#FreeBritney» daraufhin ihre Unterstützung für die Sängerin.

Während 13 Jahren unter Vormundschaft stand die zweifache Mutter weiter auf der Bühne und nahm mit Musik und anderen Geschäften Millionen ein. Ihr Vater verteidigte sich vor Gericht, er habe immer nur im besten Interesse seiner Tochter agiert. Rosengart wies diese Darstellung entschieden zurück. Britney habe einen jahrelangen Albtraum hinter sich, von ihrem Vater und anderen inszeniert, sagte der Anwalt nach dem Gerichtstermin vor Reportern und jubelnden Fans. Er sei stolz auf ihren Mut, ihre Kraft und ihre Schärfe in diesem Gerichtsstreit.

Der Kampf geht nun offenbar weiter. Rosengart erklärte, dass er gegen Jamie Spears und andere vor Gericht ziehen werde, wenn sich herausstellen würde, dass sie Gelder veruntreut oder sich missbräuchlich verhalten hätten. Britney-Fans kosteten unterdessen den Freudentag aus. «Freue mich so für dich, die Freiheit kommt», gratulierte ein User auf Spears‘ Instagram-Seite mit roten Herz-Emojis. Ein anderer kommentierte: «Herzlichen Glückwunsch, Königin, du verdienst die ganze Welt.»

Von Barbara Munker, dpa