Er tritt sonntags um 20.15 Uhr gegen den «Tatort» an. «Das ist der richtige Gegner», findet Comedian Till Reiners. «Das ist mein Kampf auf Augenhöhe, möchte ich sagen.» Der 37-Jährige wird in in der Satire-Mix-Show von 3sat der Nachfolger von Sebastian Pufpaff.
Das erste Mal moderiert er seine «Happy Hour» mit wechselnden Gästen in der Berliner Kulturbrauerei am 20. März. Zehn Ausgaben sind dieses Jahr geplant. Die Sendung soll ein bisschen «partymäßiger und stand-upiger» werden, sagt Reiners. «Und ansonsten muss ich erst mal die großen Fußstapfen ausfüllen und nicht komplett daneben sein.»
Fernsehzuschauer kennen Reiners aus der «heute-show» und «Die Anstalt». Er hat Politik studiert und war auf Poetry-Slam-Bühnen unterwegs. Reiners ist wie sein Podcast-Kollege Moritz Neumeier ein Vertreter der jüngeren deutschen Kabarett-Szene.
Ein Vorbild ist Josef Hader
Er kennt die Strahlkraft von Instagram und Youtube und will sie auch bei 3sat nutzen. Ein Vorbild ist für ihn der Österreicher Josef Hader. Sein Humor nimmt Anlauf, er kann dabei auch richtig abgründig sein. Gerade hat er den Deutschen Kleinkunstpreis gewonnen.
Wie Reiners tickt, kann man in der Ankündigung seines aktuellen Soloprogramms «Flamingos am Kotti» sehen. «Damit alle auf dem gleichen Stand sind: „Kotti“ ist das Kottbusser Tor in Berlin. Es gibt dort Drogen, Armut und immer einen, der gerade einen Hund nachmacht und ein Superman-Cape trägt, und bei dem man nie weiß: Psychose oder After-Hour? Außerdem sieht man manchmal einen Familienvater, der Dinkelkekse im Rossmann kauft, während vor dem Geschäft eine Frau auf dem Einrad „Gedichte für den Hausgebrauch“ anbietet – aber alle am Kotti wissen: Der Typ mit den Dinkelkeksen, der ist hier der Freak.»
Welche Themen treiben Reiners um? «Keine Genderwitze, das kann ich zumindest versprechen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Ich glaube, dafür sind andere zuständig: die Sparte 50+, die sich zurück nach der Vergangenheit sehnt. Das decken andere schon ganz gut ab.»
Er wolle gucken, was gerade gesellschaftlich los sei. «Ich mache mich gerne lustig über polarisierte Diskurse und dass Leute immer Extrempositionen formulieren.» Reiners findet, dass man gerne auch mal differenzieren und einen Schritt weiterdenken dürfe.
Mit Empörung muss man leben
Äußerungen, die im Netz aus dem Kontext gerissen werden und Shitstorms entfachen: So etwas sei Reiners noch nicht passiert. «Toitoitoi. Aber ich nehme an, das kommt. Ich glaube, das muss man jetzt mittlerweile einpreisen.» Das sei Teil des Berufs: dass man auch immer mal einen Shitstorm habe, damit zu kämpfen habe und umgehen müsse. «Das ist jetzt leider so, weil die Leute einfach sehr ungerne gedanklich um eine Ecke gehen. Und dann geht es los mit der Empörung.»
Etwas mehr Aufmerksamkeit hat aus Reiners‘ Sicht die Comedyszene in Berlin verdient: Die sei seit zwei, drei Jahre sehr lebendig und einzigartig in Deutschland. Er sieht eine Abkehr von dem Humor, der vor allem von Köln geprägt wurde, wie man ihn noch aus den 1990er Jahren kennt. Aus Berlin möchte er gerne ein paar Leute präsentieren, die man noch nicht so auf dem Schirm habe.
Reiners weiß, dass das 3sat-Publikum nicht ganz jung ist. «Da müssen wir jetzt alle miteinander durch und uns in der Mitte treffen. Ich werde ein bisschen älter, die anderen ein bisschen jünger.» 3sat heißt für ihn, dass man jung geblieben sei. «Da gibt es viele gute ältere Leute, die Bock haben, glaube ich. Und mit dem Sender fremdel ich gar nicht, da fühle ich mich sehr zu Hause.»
Wann eine Sendung läuft – etwa gegen den «Tatort» – das hält Reiners in Zeiten von Social Media und Mediatheken nicht mehr für so wichtig. Was wäre denn die größere Ehre, dass sein Vorbild Josef Hader einschaltet oder eine gute Quote? «Das ist aber eine schwierige Frage. Ich glaube, die Quote ist in einem Bereich, dass man sogar merkt, wenn Josef Hader einschaltet.»