Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) irrt durch viele Universen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marvel Studios/Walt Disney Studios/dpa)

Filmemacher Sam Raimi schuf in den 80er Jahren mit der Horrorfilm-Reihe «Tanz der Teufel» ein Kultphänomen und brachte in den 2000ern die erste «Spider-Man»-Trilogie ins Kino.

Zuletzt trat der 62-Jährige vorwiegend als Autor und Produzent in Erscheinung. Der gleichermaßen adäquat wie herrlich betitelte Film «Doctor Strange In The Multiverse Of Madness» ist Raimis erste Regiearbeit fürs Kino seit fast einem Jahrzehnt. Und er hat sich ausgetobt.

Verrücktes Multiversum

Wie der Filmtitel nahelegt, muss sich Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) bei seinem fünften Leinwandauftritt mit den Tücken des verrückten Multiversums rumschlagen. Das Konzept war im letzten Jahr schon Kern der Handlung von «Spider-Man: No Way Home», in dem Strange ebenfalls mitmischte. Neben dem bekannten Universum gibt es noch unzählige andere, in denen die Dinge unterschiedlich verlaufen. Dort können Freunde Feinde sein – oder umgekehrt.

Jetzt reist Strange selbst zwischen den Universen hin und her, um die junge America Chavez (die 16-jährige Xochitl Gomez) vor einem vermeintlichen Dämon zu beschützen. America, die Strange im Traum erschien, hat die Kraft, sich nach Belieben im Multiversum zu bewegen. Tatsächlich war Stranges Traum eine Realität aus einem anderen Universum.

Als America in New York von einem riesigen einäugigen Oktopus verfolgt wird, kommt ihr Doctor Strange zur Hilfe. Tatsächlich stellt er bald fest, dass kein Dämon hinter dem Teenager her ist, sondern Wanda Maximoff alias Scarlett Witch (Elizabeth Olsen). Sie will Americas Kräfte rauben, um in einem anderen Universum ein anderes Leben als Mutter von zwei Söhnen zu führen. So weit, so bizarr.

Marvel-Universum voller Anspielungen

«Doctor Strange In The Multiverse Of Madness» ist der 28. Film aus dem ständig wachsenden Marvel Cinematic Universe, kurz MCU, dessen Handlung 2008 mit «Iron Man» begann und seitdem in Filmen und Serien kontinuierlich fortgeschrieben wird.

Wer mit dem MCU nicht vertraut ist, könnte sich verloren fühlen. Denn Raimis Films knüpft direkt an die Ereignisse der gelungenen TV-Serie «WandaVision» und des jüngsten «Spider-Man»-Films an. Außerdem ist er voller Anspielungen auf die «Avengers»-Filme und andere Marvel-Produktionen – selbst solche, die bisher nicht zum MCU gehörten. Das Multiversum macht es möglich.

Langjährige Marvel-Fans dürfen sich hingegen auf einige namhafte Gastauftritte freuen. Sowohl frühere Stars als auch zukünftige Darsteller des Franchise wirken im mit Abstand unterhaltsamsten Abschnitt im spektakulären Mittelteil des Comic-Abenteuers mit.

Bis dahin gibt es allerdings eine Stunde lang das, was auch in den 27 MCU-Filmen vorher an der Tagesordnung war und zunehmend ermüdet: fliegende und fuchtelnde Helden und Heldinnen, die vor künstlicher CGI-Kulisse mit Feuerbällen und ähnlichen Dingen um sich werfen.

Immerhin drückt Raimi dem Film in der zweiten Hälfte seinen Stempel auf. «Doctor Strange In The Multiverse Of Madness» ist zweifellos der blutigste und brutalste MCU-Film bisher und entwickelt sich zwischenzeitlich fast schon zu einem Horrorfilm – leider ohne wirklich spannend zu werden.

Es dauert also eine Weile, aber dann kommt «Doctor Strange In The Multiverse Of Madness» dermaßen in Fahrt, dass man gut aufpassen muss, um überhaupt noch folgen zu können. Hinterfragen sollte man die Handlung nicht allzu sehr. Denn so unbegrenzt, wie das Multiversum auch sein mag – die Idee stößt schnell an ihre Grenzen.

Sam Raimis Kino-Comeback endet wie bei Marvel seit langem üblich, mit einem Cliffhanger und teasert im Abspann den nächsten prominenten Neuzugang im MCU an. Alles in allem ist das zwar ein großer Spaß für Marvel-Fans. Wer sich aber nicht dazu zählt, wird mit diesem verrückten Film wenig anfangen können – egal in welchem Universum.

Doctor Strange In The Multiverse Of Madness, USA 2022, 126 Min., FSK 12, von Sam Raimi, mit Benedict Cumberbatch, Elizabeth Olsen, Xochitl Gomez, Benedict Wong, Rachel McAdams

Von Philip Dethlefs, dpa