Hessens Ministerpräsident Boris Rhein hat sich gegen einen Abbruch der von Antisemitismus-Vorwürfen überschatteten documenta fifteen in Kassel ausgesprochen. «Die Forderung, man müsse die documenta abbrechen, bringt uns nicht weiter», sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Interview der «Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen» (HNA). Ein Abbruch würde das Ende der Weltkunstausstellung bedeuten, erklärte er.
Antisemitische Bildsprache habe auf keiner Kunstausstellung etwas zu suchen, betonte Rhein. Von besonderer Bedeutung sei nun die Arbeit des von den Gesellschaftern benannten Expertengremiums. Die sieben von der Stadt Kassel und dem Land Hessen ausgewählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen die documenta bei der Aufarbeitung des Eklats beraten. «Wichtig ist jetzt, dass die Experten mit den Kuratoren und der Generaldirektion darüber diskutieren, was geht und was nicht», erklärte Rhein. Nach allem, was bisher passiert sei, seien Kuratoren und Generaldirektion sehr gut beraten, sich auf das hochkarätig besetzte Expertengremium einzulassen.
Rhein verteidigte die documenta zugleich gegen einen Generalverdacht. Schätzungsweise 99,9 Prozent derer, die auf der documenta fifteen ihre Kunst ausstellten, seien keine Antisemiten und zeigten auch keine antisemitische Bildsprache. «Man muss deutlich machen, dass wir keine völlig aus den Fugen geratene documenta haben, die quasi gezielt den Versuch unternimmt, durch irgendwelche Tricks eine Festlegung deutscher Vergangenheitsbewältigung zu erschüttern», unterstrich der Ministerpräsident.
Bereits seit Jahresbeginn kursieren Antisemitismus-Vorwürfe gegen die documenta. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung war ein Banner mit judenfeindlichen Motiven entdeckt und abgebaut worden. Zuletzt sorgten als antisemitisch kritisierte Darstellungen in einer Broschüre für eine Welle der Kritik.