Die Niederlande ohne Beatrix? Das ist für viele Holländer fast genauso unvorstellbar wie ein Frühjahr ohne Tulpen oder Pommes ohne Mayo. Generationen sind mit ihr groß geworden. 33 Jahre lang war sie Königin der Niederlande. Am 31. Januar wird Beatrix 85 Jahre alt.
Vor einem Jahrzehnt dankte sie ab und trägt nun wieder den Titel Prinzessin. Sie steht jetzt in der zweiten Reihe hinter ihrem Sohn, König Willem-Alexander. Doch «hinter den Geranien», wie die Niederländer ein beschauliches Rentnerleben nennen, sitzt sie sicher nicht. 40 offizielle Auftritte absolvierte sie etwa im vergangenen Jahr und ist damit für ihren Sohn und seine Frau Máxima eine wichtige Stütze.
Sie ist immer noch im Dienst für die Niederlande
Für Beatrix ist das mehr als Pflicht. «Ich habe es immer als ein Vorrecht betrachtet, einen großen Teil meines Lebens in den Dienst unseres Landes zu stellen», sagte sie 2013, als sie ihre Abdankung ankündigte. Und das gilt noch immer.
Beatrix ist zerbrechlicher geworden, doch ansonsten vital und froh. Der toupierte Haarhelm ist unverändert. Noch immer lugt kein vorwitziges Haar hervor. Und natürlich – das strahlende Lächeln. «Prinzessin Glimlach» nannten sie die Holländer schon früher als junges Mädchen, «Prinzessin Lächeln».
Heute ist Beatrix bei ihren Landsleuten eine der beliebtesten Oranjes, deutlich populärer als ihr Sohn. Das war nicht immer so. Die junge Königin musste sich den Respekt ihres Volkes hart erarbeiten.
Beatrix hatte ihre Heimat erst im Alter von sieben Jahren kennengelernt, nachdem sie 1945 mit ihrer Familie aus dem Exil in Kanada zurückgekehrt war. Sehr gewissenhaft bereitete sie sich auf ihre künftige Rolle als Königin vor, etwa im Staatsrat oder beim Studieren von Jura und Staatsrecht in Leiden. Ja, sie zog sogar mit der Heilsarmee durch das Amsterdamer Rotlichtviertel – vermummt mit Brille und Kopftuch.
Ehe mit dem deutschen Prinzen Claus von Amsberg
Bei ihrer Hochzeit 1966 flogen Rauchbomben. Beatrix hatte sich ausgerechnet in einen Deutschen verliebt, doch viele hatten das Leid unter der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg nicht vergessen. Prinz Claus von Amsberg gewann aber schnell die Herzen seiner neuen Landsleute. Beatrix selbst nannte die Ehe mit ihm «die beste Entscheidung meines Lebens».
Als sie am 30. April 1980 den Thron bestieg, befanden sich das Land und die Monarchie in einer tiefen Krise. Hausbesetzer lieferten sich in Amsterdam Straßenschlachten mit der Polizei. Der Schlachtruf «Keine Wohnung, keine Krönung» steht bis heute symbolisch für den harten Anfang der Königin.
Wie eine Vorstandsvorsitzende leitete sie die «Niederlande GmbH», so erinnerten sich viele Politiker – manche auch seufzend. Denn einfach machte sie es keinem. Die Königin hatte hohe Ansprüche, sie galt als «Kontrollfreak». Kaum einer wagte es, unvorbereitet zu einem Treffen zu kommen – oder gar zu spät. Ein Justizminister gestand einmal, dass er auf der Autobahn das Gaspedal durchgedrückt hatte trotz des Tempolimits von 100 Stundenkilometer, um bloß nicht zu spät im Palast zu erscheinen.
Beatrix mischte sich gerne ein, und das stieß nicht immer auf Beifall. So klagte sie einmal über angeblich falsche Berichte in den Medien über die königliche Familie: «Die Lüge regiert.» Aber sie plädierte auch für Toleranz, warnte vor der Macht des Internets. Und als die Rechtspopulisten aufkamen, brach sie eine Lanze für das Zusammenleben der Kulturen.
Aus Respekt für die Monarchin wurde Zuneigung
Die Niederländer respektierten diese «absolute Powerfrau», wie sie der Historiker Geert Mak nennt. Und fast unbemerkt wandelte sich das in Zuneigung. Beatrix wurde zur «Mutter des Vaterlandes», wie Medien feststellten. «Bea bedankt, Bea bedankt!», riefen Zehntausende in Amsterdam bei ihrem Abschied vom Thron. Ein Dankeschön, dass sie ihrem Volk in schweren Zeiten beigestanden hatte. Zutiefst entsetzt an der Absturzstelle eines Flugzeuges in Amsterdam 1992. Mit Gummistiefeln im Hochwasser 1995 oder nach dem Anschlag auf die königliche Familie in Apeldoorn 2009.
Schließlich erlebten die Menschen ihre Königin als trauernde Ehefrau und Mutter. 2002 starb ihr Mann, Prinz Claus, und 2013 dann nach einem Lawinenunglück und langem Koma ihr zweiter Sohn, Prinz Friso. Er wurde ganz in der Nähe von Schloss Drakensteyn bei Utrecht begraben, ihrem heutigen Wohnsitz.
Dort genießt Beatrix heute ihr königliches Rentnerleben. Sie hat Zeit für ihre Leidenschaft, die Bildhauerei. Und natürlich die acht Enkel. Deren Leben verfolgt sie sogar in den sozialen Medien. «Sie ist echt eine moderne Oma», lobte Enkelin Eloise (20), eine populäre Influencerin. «Es geht ihr echt sehr gut.» Und dass sie mit der Zeit mitgeht, ist auch zu sehen. Die steifen Königinnenroben und großen Hüte wurden eingemottet. Beatrix trägt nun flotte Hosenanzüge.