Die Karriere von Steven Spielberg beginnt mit einem Zugunglück auf einer Kinoleinwand. Als Kind sieht er die spektakuläre Szene in dem Film «Die Größte Show der Welt». Als ihm die Bilder als Zwölfjähriger beim Spielen wieder in den Kopf kommen, muss er unbedingt seine Elektro-Loks ineinander fahren lassen. Die Züge gehen kaputt, sein Vater droht, sie wegzunehmen. Spielberg aber will die Szene immer wieder erleben. Also filmt er den Crash mit der Kamera des Vaters. Es war Spielbergs erster Film – und der Anfang einer Leidenschaft, die ihn bis an die Spitze Hollywoods brachte.
Wenn die Berlinale den 76-Jährigen am Dienstagabend (21.2.) mit dem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ehrt, wird es auch um den Jungen mit den Spielzeugzügen gehen. Das Erlebnis hat Spielberg in seinem neuesten Film verarbeitet. «The Fabelmans», der im März in die deutschen Kinos kommt, soll in Anwesenheit des Filmemachers auf dem Festival gezeigt werden. Die Geschichte basiert auf seiner Jugend als Sohn jüdischer Eltern im Amerika der 50er und 60er Jahre.
In der Schule war er eher ein Außenseiter
Spielberg wurde 1946 in Cincinnati, Ohio geboren. Seine Eltern ziehen oft um, nach New Jersey, Arizona, Kalifornien. In der Schule habe er sich oft als Außenseiter gefühlt, sagte er der BBC. «Ich war nicht beliebt und ich konnte keinen Football werfen». Doch er drehte kurze Filme, für die er Nachbarskinder und Schulkameraden «engagierte». Die Kamera hat ihn in der Schule beliebt gemacht.
Rund 60 Jahre später stehen über 100 Filme und Serien auf Spielbergs Liste, bei denen er Regie führte, sie produzierte, schrieb – oder alles zusammen machte. Die Vielfältigkeit dabei ist beispiellos: Horror, Science-Fiction, Abenteuer, Action, Fantasy, Historiendrama, Animation, Musical – es gibt kaum ein Genre, das er nicht abdeckt.
Spielberg ist Autodidakt, er lernt, in dem er Filme schaut. In Highschool-Zeiten treibt er sich einen Sommer lang bei den Universal Studios herum, saugt alles auf, was er übers Filmemachen lernen kann. Die Eintrittskarte für Hollywood verschafft ihm sein Kurzfilm «Amblin’» (1968) über zwei trampende Jugendliche in Hippiezeiten.
Seine Filme sind längst Legende
Den Durchbruch bringt ihm 1975 der Horrorfilm «Der Weiße Hai», der die Ära des modernen Blockbusters einläutet. Sieben Jahre später folgt «E.T. – Der Außerirdische», elf Jahre danach das Dinosaurier-Spektakel «Jurassic Park». Spielberg bezeichnet seine frühen Filme auch als «Popcorn-Movies». Mit «Die Farbe Lila» (1985), ein Drama über eine Afroamerikanerin in den Südstaaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, habe er begriffen, dass «ein Film auch eine Mission sein kann». Obwohl für elf Oscars nominiert, geht der Film leer aus.
Die begehrte Trophäe erhält Spielberg erst acht Jahre später, für den Holocaust-Film «Schindlers Liste» als bester Regisseur und für den besten Film. Nach den Dreharbeiten gründet Spielberg die Shoah Foundation, die Zeugnisse von Holocaust-Überlebenden auf Video aufnimmt. Mehr als 55 000 Zeitzeugen sind es bisher. Das Archiv wird weltweit von Schulen und anderen Einrichtungen genutzt.
«The Fabelmans» ist nicht der Abschluss seiner Karriere
In seinen Filmen, erklärte er in Interviews, stecke auch immer etwas von ihm selbst. Die Kriegsvergangenheit seines Vaters etwa führte zu seinem tiefgründigen Interesse am Zweiten Weltkrieg. Für den Kriegsfilm «Der Soldat James Ryan» erhielt Spielberg 1998 seinen zweiten Regie-Oscar. Die Trennung seiner Eltern lässt ihn in seinen Filmen Kinder aus zerrütteten Familien zeigen – wie den kleinen Elliott, der einem Außerirdischen hilft, zurück nach Hause zu kommen.
Mit «The Fabelmans» hat Spielberg nun seinen persönlichsten Film gedreht. Als Abschluss einer großen Karriere darf man das sicher nicht verstehen. «Ich werde bis an mein Lebensende Regie führen», sagte er 2016 beim Filmfest in Cannes. «Ich liebe es.»