Die Künstlerin Mary Bauermeister im November 2021 bei der Verleihung des ersten Kunstpreises des Landes Nordrhein-Westfalen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Malte Krudewig/dpa)

Die Künstlerin und Mitbegründerin der Fluxus-Bewegung, Mary Bauermeister, ist tot. Sie sei am Donnerstagmorgen im Alter von 88 Jahren gestorben, bestätigte Bauermeisters Sohn Simon Stockhausen der Deutschen Presse-Agentur.

Bauermeister stand als eine der wenigen Frauen für den experimentellen künstlerischen Aufbruch in den 1950er und 1960er Jahren in der Nachkriegskunst. Während sie in den USA bereits gefeiert wurde, stand sie in Deutschland noch lange im Schatten des berühmten Komponisten Karlheinz Stockhausen, mit dem sie zwischen 1967 und 1973 verheiratet war.

Bauermeister kam am 7. September 1934 als Tochter eines Anthropologie- und Genetikprofessors und einer Sängerin zur Welt. In der Zeit des Nazi-Regimes, so erzählte sie einmal in einem Interview, habe ihr Vater Partituren von Arnold Schönberg und Werke über Surrealismus im Bücherschrank versteckt. In den Büchern habe sie die ersten nichtgegenständlichen Bilder gesehen.

Ihr Atelier war Geburtsstätte für Fluxus

Nach dem Studium in Ulm und Saarbrücken Mitte der 50er Jahre ließ sich Bauermeister in Köln nieder. Ihr Atelier galt als Geburtsstätte der Fluxus-Bewegung. Dort wurden in den frühen 1960er Jahren erste Performances etwa von Nam June Paik und John Cage gezeigt. Man traf sich, um Neues in der Kunst, Musik und Literatur auszuprobieren. Bauermeister und ihre Künstlerfreunde, zu denen auch Christo gehörte, begründeten so die Avantgarde der Nachkriegszeit.

Nach einer Einzelausstellung im Stedelijk Museum Amsterdam im Jahr 1962 zog Bauermeister nach New York, wo sie als eine der ersten Künstlerinnen vom Kunstmarkt akzeptiert und gefeiert wurde. Es entstanden Freundschaften mit Robert Rauschenberg, Niki de St. Phalle, Jasper Jones, Andy Warhol und anderen. 1972 kehrte sie nach Deutschland zurück.

Doch Bauermeister brauchte ihre Freiheit. In Rösrath bei Köln habe sie ein Haus gebaut, weil sie mit ihrem Mann Stockhausen nicht in einem Haus leben könne, sagte sie. Sie habe noch Jahre für ihn Kostüme gemacht und seine Partituren korrigiert, aber nicht mehr mit ihm leben wollen. Vier Kinder von drei Vätern erzog die Künstlerin.

Bis zu ihrem Tod lebte Bauermeister in Rösrath. Sie schuf ein universales Werk: Zeichnungen und Gemälde, vor allem aber rätselhafte und detailreiche Objektkästen und Installationen. Sie arbeitete mit Bleistift und Pinsel ebenso wie mit Sand und Steinen oder auch Wespennestern.

Ihre Arbeiten sind unter anderem im Besitz der großen Museen in New York und Washington sowie des Stedelijk Museums und des Museums Ludwig in Köln.

Auszeichnungen

Doch erst in hohem Alter wurde Bauermeister mit Auszeichnungen bedacht. 2021 erhielt sie den ersten Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für ihr «herausragendes künstlerisches Gesamtwerk». Im Jahr 2020 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

«Mary Bauermeisters Wirken hat nachfolgende Generationen von Künstlerinnen und Künstlern geprägt», würdigte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Künstlerin. «Ihr Schaffen hat das Tor geöffnet hin zu mehr Gleichberechtigung und Anerkennung von Künstlerinnen, für die sie eine echte Inspiration und Vorbild war. Zeit ihres Tuns hat sie Kunst und ihr Leben auf neue Art und Weise verbunden.» Seine Gedanken seien bei Bauermeisters Familie.

Von Dorothea Hülsmeier, dpa