Mit dem Deutschen Filmpreis wird am 12. Mai eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche verliehen. Nach seinem Erfolg in Hollywood geht der Antikriegsfilm «Im Westen nichts Neues» mit den meisten Nominierungen ins Rennen. Der Film hat bereits vier Oscars gewonnen – nun ist die Literaturverfilmung über den Ersten Weltkrieg beim Deutschen Filmpreis zwölf mal nominiert.
Fragt man Regisseur Edward Berger (52), wie wichtig nach den Oscars eine Nominierung in Deutschland überhaupt noch ist, dann antwortet er: «Da freue ich mich wahnsinnig.» Sein Film konkurriert mit fünf anderen Produktionen um die Goldene Lola, also die Auszeichnung für den besten Spielfilm.
Dazu gehören das Drama «Das Lehrerzimmer» über einen eskalierenden Konflikt an einer Schule, der Thriller «Holy Spider» über einen Frauenmörder im Iran, «Sonne und Beton» nach einem Roman von Felix Lobrecht, die Gangsterstory «Rheingold» von Fatih Akin und die Literaturverfilmung «Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war» nach einem Buch von Joachim Meyerhoff.
Regisseur Volker Schlöndorff (84/«Die Blechtrommel») soll mit dem Ehrenpreis für herausragende Verdienste um den Deutschen Film ausgezeichnet werden. Das ZDF überträgt die Verleihung vom Potsdamer Platz live um 19 Uhr in der Mediathek, später wird sie ab 23.30 Uhr zeitversetzt im Fernsehen gezeigt. Schauspielerin Jasmin Shakeri («Einfach mal was Schönes») wird den Abend moderieren.
Kinoverband kritisiert die Akademie
Ähnlich wie in den USA stimmen auch in Deutschland die Mitglieder der Filmakademie über die Gewinnerinnen und Gewinner ab. Die Preise und Nominierungen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro an öffentlichen Geldern dotiert. Nur – wer wird überhaupt nominiert? Und in welchem Verfahren wird entschieden? Einer der Kinoverbände warf der Filmakademie Richtungslosigkeit vor.
Die AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater vertritt Programmkinos in Deutschland. Der Verband kritisierte, dass mit «Im Westen nichts Neues» ein Film des Streaminganbieters Netflix mehrfach nominiert ist, Christian Petzolds neuer Film «Roter Himmel» dagegen nicht.
Das Drama «Roter Himmel» war nicht in der Vorauswahl gelandet, gewann aber bei der diesjährigen Berlinale den Großen Preis der Jury. Petzold hatte in der «B.Z.» das Auswahlverfahren kritisiert – die Filmakademie verteile Mittel der kulturellen Filmförderung, «also Geld von uns allen», als privater Verein.
Filmakademie will Auswahlverfahren überdenken
Schauspielerin Alexandra Maria Lara (44) leitet die Filmakademie mit Regisseur Florian Gallenberger (51). «Wir sind uns beide einig, dass es ein besonderer und sehr starker Film ist», sagte Lara der dpa. «Tatsächlich finde ich es aber problematisch, diese Diskussion an einem Beispiel festzumachen.» Die beiden plädieren losgelöst vom Einzelfall dafür, das bisherige Auswahlverfahren zu überdenken.
Nach Angaben Gallenbergers wurde eine außerordentliche Mitgliederversammlung abgehalten, auf der sich eine Mehrheit für ein neues Wahlverfahren ohne Vorauswahl ausgesprochen habe. Das Verfahren werde nun ausgearbeitet und dem Haus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) vorgelegt, denn dort liege das letzte Wort.
Derzeit gibt es mehrere Stufen. Zunächst trifft eine kleinere Kommission eine Vorauswahl, daraus werden dann die offiziellen Nominierungen bestimmt. Kommt ein Film nicht in die Vorauswahl, kann das Team ihn über die sogenannte Wild Card nachmelden. Nach Bekanntgabe der Nominierungen können alle Akademiemitglieder schließlich über die Gewinnerinnen und Gewinner abstimmen.
Debatte über Arbeitsklima nach «Spiegel»-Artikel
Die Verleihung des Filmpreises fällt auch in eine Zeit, in der über Arbeitsbedingungen am Set diskutiert wird. «Als Deutsche Filmakademie setzen wir uns für faire Arbeitsbedingungen und gegen Machtmissbrauch bei der Herstellung von Filmen ein», hieß es in einem Statement auf der Internetseite der Akademie. «Übergriffiges Verhalten lehnen wir in jeder Form ab. Es ist wichtig, dass Missstände aufgedeckt und benannt werden, wir bedauern aber zugleich, dass eine ganze Branche durch die jüngsten Vorfälle diskreditiert wird.»
Nach einem «Spiegel»-Bericht über angebliche Schikane und ein «Klima der Angst» bei den Dreharbeiten zum Film «Manta Manta – Zwoter Teil» von Regisseur Til Schweiger hatte die Produktionsfirma Constantin angekündigt, mögliche Vorfälle am Set aufklären zu lassen.
Schweigers Anwältin hatte dem «Spiegel» zu den Vorwürfen mitgeteilt, ein Teil der «Sachverhalte» sei ihrem Mandanten «nicht bekannt»; ein anderer unterstelle «angebliche Sachverhalte, die es nicht gegeben hat». Weiter hieß es dort, seit Jahren «kursierende Gerüchte» würden «zu Unrecht als tatsächlich» dargestellt. Auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hatte Schweiger nicht reagiert.
Constantin-Chef Martin Moszkowicz sagte der «FAZ», man habe eine unabhängige Kanzlei beauftragt, «die Fehler und Probleme bei dieser Produktion zu analysieren». Constantin Film habe außerdem einen «Moralkodex» für Rahmenbedingungen für Dreharbeiten. «Es ist aber wichtig, dass dieser branchenweit gilt. Es erscheint mir unumgänglich, dass wir das Thema Machtmissbrauch in der Kulturbranche offen und gemeinsam angehen», sagte Moszkowicz.