Prinz Harry hat am ersten Tag seiner Schadenersatzklage gegen den Verlag der Boulevardzeitung «Mirror» am Mittwoch einen ersten Teilerfolg erzielt. Der Verlag entschuldigte sich zum Prozessauftakt in einer schriftlichen Eingabe dafür, teilweise die Bespitzelung Harrys und anderer Prominenter in Auftrag gegeben zu haben. Das werde nie wieder vorkommen, gelobte der Verlag Mirror Group Newspapers (MGN).
Der 38-jährige Royal und andere Promis werfen den damaligen Verantwortlichen der Boulevardzeitungen «The Mirror», «The Sunday Mirror» und «Sunday People» vor, von illegalen Methoden wie beispielsweise dem Abfangen von Handy-Sprachnachrichten und dem Erschleichen medizinischer Daten gewusst zu haben.
Dass Journalisten und Privatdetektive in den 90er-Jahren und den 2000ern Prominente und Verbrechensopfer bespitzelten, ist längst kein Geheimnis mehr. Einzelne Journalisten wurden strafrechtlich belangt, teilweise wurden Schadenersatzansprüche durch Vergleiche geregelt. Doch nun geht es darum, ob und wie die Führungsebene der MGN-Blätter in die illegalen Tätigkeiten involviert war.
Anwalt spricht von «entsetzlichen» Praktiken
Kläger-Anwalt David Sherborne begann am Mittwoch mit der Verlesung der Klageschrift. Prinz Harry sei von 1995 an zum Ziel der «übergriffigsten Methoden der Beschaffung privater Informationen» geworden, sagte Sherborne, der von «entsetzlichen» Praktiken sprach. Der Prozess soll anhand mehrerer Einzelfälle exemplarisch für eine Sammelklage vieler weiterer Kläger geführt werden.
Prinz Harry geht es ums Prinzip. Neben Prominenten wurden auch Opfer von aufsehenerregenden Verbrechen sowie deren Angehörige zum Ziel illegaler Recherchemethoden. Der Fall des Herzogs von Sussex werfe ein Schlaglicht darauf, was vielen anderen weniger bekannten Personen widerfahren sei, sagte Sherborne und fügte hinzu: «Deswegen hat er sich dazu entschieden, die Klage einzureichen.»
Die Bespitzelung habe «in industriellem Ausmaß bei allen drei Blättern stattgefunden», so der Star-Anwalt weiter, der Prinz Harry bereits in anderen Verfahren vertreten hatte. Durch Rechnungsbelege sei erwiesen, dass Privatdetektive von verschiedenen Ressorts innerhalb der Redaktionen beauftragt und bezahlt worden seien. Auch der Rechtsabteilung und dem Vorstand seien die Vorgänge bekannt gewesen. Er sprach von einer «Flut der Rechtsbrüche», die von leitenden Redakteuren autorisiert wurden.
Die Gegenseite will ihre Argumente am Freitag darlegen, bevor in der kommenden Woche die Zeugenbefragung beginnt. Dass in den im aktuellen Verfahren vorgebrachten Fällen Telefone abgehört wurden, bestreitet der Verlag. Zudem seien viele der Vorwürfe nicht gerechtfertigt und darüber hinaus verjährt.
Piers Morgan im Fokus?
Das Verfahren ist für sieben Wochen angesetzt. Erwartet wird, dass der jüngere Sohn von König Charles III. (74) im Juni selbst in den Zeugenstand treten wird. Im Fokus des Verfahrens stehen dürfte unter anderem der frühere Chefredakteur des «Mirror», Piers Morgan, der das Blatt von 1995 bis 2004 leitete. Morgan hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem als scharfer Kritiker von Harrys Frau Meghan (41) hervorgetan. Die Vorwürfe in dem aktuellen Verfahren weist er zurück.
Der Prozess ist nur einer von mehreren, die Prinz Harry in Großbritannien gegen die als «Tabloid Press» bezeichneten Boulevardmedien führt. Er war bereits im März in einem Verfahren gegen den Verlag der Blätter «Daily Mail» und «Mail on Sunday», Associated Newspapers Limited, überraschend selbst als Zeuge aufgetreten. Auch gegen den Verlag der Zeitungen «Sun» und der inzwischen eingestellten «News Group Newspapers» hat Harry wegen ähnlicher Vorwürfe ein Verfahren ins Rollen gebracht.