An Heidi Klum kommt niemand vorbei. Selbst wer ihre seit 2006 laufende Erfolgssendung «Germany’s Next Top Model» auf ProSieben noch nie gesehen hat, wurde in den vergangenen Wochen unvermeidlich mit ihr konfrontiert, weil sie zusammen mit ihrer Tochter Leni (19) deutschlandweit auf Werbeplakaten zu sehen war.
Man stand am kühlen Morgen an einer Bushaltestelle, und gleich daneben posierten Mutter und Kind in Unterwäsche. Die Reaktionen fielen – wie meistens bei Klum – diametral unterschiedlich aus.
Fans bejubelten, dass sich da «zwei wunderschöne selbstbewusste Frauen» präsentierten. Die Genderforscherin Stevie Schmiedel dagegen schrieb, es sei schon merkwürdig, wenn eine Mutter gleichsam die eigene Tochter anpreise, nach dem Motto: «Hier, nackt ist sie auch schön!»
Eine andere Botschaft, die man aus dem Plakat herauslesen könnte, ist: «Schaut mal her, ich muss mich nicht hinter meiner Tochter verstecken!» Definitiv sieht man der «Model-Mama» ihr Alter nicht an: Heute wird Heidi Klum 50 Jahre alt.
Beeindruckende Karriere
Andere Größen ihrer Branche sind da längst abgeschrieben, nicht aber sie. Wobei seit vielen Jahren gilt: Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Einer der wenigen Punkte, in dem sich Klum-Kritiker und -Fans einig sind, ist: Die Frau hat Erfolg. Geboren und aufgewachsen in Bergisch Gladbach bei Köln, setzte sie sich schon als 18-Jährige in einem Modelwettbewerb durch, siedelte bald danach in die USA um.
Der große Karrieresprung kam durch ein Titelfoto auf der Zeitschrift «Sports Illustrated». Fortan war sie ein international gefragtes Model, das allerdings häufiger im Bikini zu sehen war als in Mode von Gucci oder Dior, in Deutschland etwa als Covermädchen der Männerzeitschrift «GQ» oder weltweit als Star der «Victoria’s Secret»-Unterwäscheschau. Dass sie mehr zu bieten hatte als stumpfe Schönheit, bewies sie mit zahlreichen Auftritten in US-Talkshows.
Von Bergisch Gladbach nach L.A. – das ist eine Leistung, die man erstmal anerkennen muss. Die Frage ist nur, ob sie nicht gerade aufgrund ihres großen Erfolges auch dementsprechend großen Schaden angerichtet hat. So wird ihre Show «Germany’s Next Topmodel» (GNTM) immer wieder mit einem negativen Selbstbild junger Mädchen und Krankheiten wie Magersucht in Verbindung gebracht.
Show in der Kritik
Klum und der Sender ProSieben haben das stets bestritten und begegnen dem Vorwurf seit einigen Staffeln damit, dass sie auch Model-Kandidatinnen für Übergrößen dabei haben. Kritiker wenden ein, dass dies eher eine Alibi-Funktion habe und die dominante Botschaft – schlanke Körper sind schön! – kaum relativiere.
Auffällig ist, wie wenig sich die Sendung seit 2006 verändert hat. Zwar hat auch bei GNTM die Diversität Einzug eingehalten, doch kann man ohne weiteres nach Jahren wieder einschalten, und schon stellen sich am laufenden Band Déjà-vus ein:
Flankiert von Mitjuroren, sortiert Klum mit gusseiserner Fröhlichkeit und unbedingtem Vollstreckerwillen Kandidatinnen aus. «Nur eine von euch kann Germany’s Next Topmodel werden» und «Ich habe heute leider kein Foto für dich» sind Sätze, die für die Fangemeinde Kultcharakter haben.
Diese bemerkenswert stabile Anhängerschaft scheint die Wiederholung des immer gleichen zu schätzen, zum Beispiel das berühmt-berüchtigte Umstyling, bei dem einige der Kandidatinnen einen völlig neuen Look erhalten. Auch der seit vielen Jahren erhobene Einwand, dass die wenigsten Siegerinnen anschließend wirklich in der Modelwelt durchstarten, lässt das Publikum kalt. Überhaupt hat man zuweilen den Eindruck, dass sich gerade besonders überzeugte Feministinnen die Sendung als Auszeit vom politisch korrekten Alltag gönnen.
Heidi Klum privat
Wer Heidi Klum eigentlich ist, bleibt dabei weitgehend im Verborgenen. Selbst sagte sie 2004 in einem Live-Interview mit dem US-Fernsehsender CBS, nicht ihre Traumfigur, sondern «Verbissenheit und harte Arbeit» hätten ihr zum Welterfolg verholfen. Sie habe nie locker gelassen und immer ein bisschen härter und länger gearbeitet als die anderen.
2022 wiederum verriet sie in GNTM, dass sie in der Schule wegen ihrer vielen Pickel als «Pizza Face» gehänselt worden sei. «So kriegt man von Anfang an eben eine harte Schale.»
Interviews gewährt Heidi Klum heute so gut wie nicht mehr – sie hat es einfach nicht mehr nötig. Als das noch anders war, in den ersten Jahren von GNTM, gab sie sich im persönlichen Gespräch freundlich-forsch, ähnlich wie im Fernsehen. Vieles weist darauf hin, dass die mediale Figur und die Privatperson Heidi Klum in großen Teilen deckungsgleich sind.
Die Grenzen zwischen Geschäftlichem und Persönlichem sind auf jeden Fall fließend. So postete sie vor ihrer Hochzeit mit Tom Kaulitz 2019 auf das Eifrigste und Freizügigste. Auf ihrem Instagram-Account sah man sie mit dem Tokio-Hotel-Gitarristen im Bett liegen oder von einer gemeinsamen Gabel Spaghetti essen.
Klums Partner werden seit einiger Zeit immer jünger. Ihr erster Ehemann, der australische Starfriseur Ric Pipino, war noch 13 Jahre älter als sie. Danach kam der sogar 23 Jahre ältere Vater ihrer ersten Tochter Leni, der italienische Sportmanager Flavio Briatore.
Es folgte Ehemann Nummer 2, der britische Popsänger Seal, Vater ihrer beiden Söhne und einer weiteren Tochter und zehn Jahre älter. Dann der Umschlag: Nach der Trennung von Seal begann sie eine Beziehung mit dem 13 Jahre jüngeren US-Kunsthändler Vito Schnabel. Und dann eben Kaulitz, der 16 Jahre jünger ist als sie.
Mit der Heimat verbunden
Um ihren dominanten Vater Günther Klum, der früher ihr Manager war und die GNTM-Siegerinnen unter Vertrag hatte, ist es still geworden in letzter Zeit. Im «Spiegel»-Interview bestritt er neulich, dass Heidi mit ihm gebrochen habe. «Korrekt ist, dass die Senderführung meine Arbeit nicht mehr für wichtig hielt», sagte der 77-Jährige.
Ein anderer prominenter Bergisch Gladbacher, der frühere CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach (70), erzählt der Deutschen Presse-Agentur, dass Klum in ihrer Heimatstadt großzügig soziale Projekte unterstütze, «ohne dass sie von diesem Engagement viel Aufhebens macht».
Zum 50. Geburtstag hat Bosbach auch noch eine persönliche Botschaft für Heidi Klum parat: «Ich kenne sie ja noch von früher, und was ich bei ihr immer bewundert habe, ist ihre steile Karriere, verbunden mit einer großen Zuneigung zu ihrer Familie und zu ihrer Heimat. Und das wünsche ich ihr: dass das so bleibt, dass sie nie vergisst, wo ihr Zuhause ist.» Er sei da «sehr zuversichtlich».