Der Bundesgerichtshof (BGH) will heute seine Entscheidung verkünden, ob ein Eintrag in einer Datenbank für potenzielles NS-Raubgut und eine Interpol-Fahndung Makel an einem Kunstwerk sind. Ein Kunstsammler hat sich durch die Instanzen geklagt, weil er sich in seinem Eigentum beeinträchtigt sieht.
Im Rahmen einer Ausstellung in Baden-Baden hatte er erfahren, dass die «Kalabrische Küste» des Malers Andreas Achenbach (1815-1910) aus seinem Besitz in der sogenannten Lost-Art-Datenbank auftaucht. Zudem fahndete die kriminalpolizeiliche Organisation Interpol danach. Das Gemälde gehörte früher dem jüdischen Kunsthändler Max Stern, der von Nationalsozialisten ein Berufsverbot bekam und das Bild verkaufte.
Datenbank hilft bei Suche verschollener Werke
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste mit Sitz in Magdeburg betreibt die Datenbank, die Kulturgüter dokumentiert, die insbesondere jüdischen Eigentümern unter den Nazis entzogen wurden – oder für die ein solcher Verlust nicht auszuschließen ist. Frühere Eigentümer beziehungsweise deren Erben sollen den Angaben zufolge mit heutigen Besitzern zusammengeführt und beim Finden einer gerechten und fairen Lösung über den Verbleib der Werke unterstützt werden.
So ähnlich war es auch in diesem Fall: Stern war seinerzeit nach Kanada ausgewandert. Seinen Nachlass verwaltet ein kanadischer Trust. Dessen Treuhänder ließen eine Suchmeldung für das Bild auf der Internetseite der Lost-Art-Datenbank veröffentlichen. Dort ist es seit 29. Juni 2016 vermerkt. In dem Eintrag steht: «Verlustumstand gemeldet als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut».
Der Kläger möchte, dass sein Eigentum nicht weiter bemäkelt wird, weil Stern das Gemälde womöglich unter Verfolgungsdruck der Nazis verkauft hatte. Er hatte das Bild 1999 im Rahmen einer Auktion in London erworben. Dass er nach deutschem Recht der rechtmäßige Eigentümer sei, hatte auch der Vertreter der Treuhänder bei der mündlichen Verhandlung Ende Mai in Karlsruhe erklärt.
«Kalabrische Küste» schwer verkäuflich
«Wir sehen hier durchaus, dass der Kläger in einer misslichen Lage ist», sagte die Vorsitzende Richterin, Bettina Brückner, damals. Die «Kalabrische Küste» dürfte so schwer verkäuflich sein. In den Vorinstanzen war der Kläger allerdings gescheitert.
Als Vertreter des Klägers sagte Anwalt Wendt Nassall am BGH, für die Veröffentlichung in der Datenbank sei das Einverständnis des Melders nötig – er könne den Eintrag also auch zurückziehen lassen. Weil das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste nicht Partei in dem konkreten Streit ist, äußerte es sich dazu nicht. Es sei aber nicht das erste Verfahren um Datenbank-Einträge, teilte eine Sprecherin mit.
Aus Sicht des Anwalts der Treuhänder, Siegfried Mennemeyer, ist das Register dazu da, historische Tatsachen zu erfassen. Diese hätten seine Mandanten geliefert. «Nicht mehr und nicht weniger haben wir gemacht.» In Deutschland seien in der Datenbank gelistete Bilder durchaus lukrativ weiterverkauft worden. Er räumte aber ein, dass das in Übersee anders aussehen könne. Um den Eintrag zu löschen, müsse sich der Kläger an den Betreiber der Datenbank wenden.