Oberflächlich, hohl und ziemlich kindisch: Die Kultur rund um die berühmteste Puppe der Welt können wohl nur die wenigsten ganz ernst nehmen. Schließlich ist bei «Barbie» alles so pink – und wie kann man schon etwas respektieren, das besonders viele kleine Mädchen mögen? Diese patriarchale Erwartungshaltung bricht der Film, der am 20. Juli in die deutschen Kinos kommt. Schon vor seinem Erscheinen wird er im Netz ohne Ende gehypt. Zu Recht.
Einen kleinen Hinweis darauf, dass es nicht ganz sinnentleert werden könnte, gibt schon der Name der Regisseurin. Greta Gerwig (39), die auch das Drehbuch schrieb, ist bereits seit ihrem Geschichtsdrama «Little Women» für ihren feministischen Blick bekannt. Und der definiert die Geschichte um die «stereotype Barbie» (Margot Robbie, 33), deren normales Barbie-Leben in einer normalen Barbie-Traumvilla in Barbieland ins Wanken gerät. Alles ändert sich, als sie bei ihrer perfekten, glitzernden Party mit all ihren hübschen Barbie-Freundinnen aus dem Nichts über den Tod spricht. So etwas ist in der pinken Fantasie-Utopie absolut unerhört.
Um ihre Todesgedanken und die aufkommende Cellulite loszuwerden, muss Barbie in die reale Welt und dort das Mädchen finden, mit dem sie mental verbunden ist. Sie freut sich auf ihre Fans in unserer Welt. Schließlich ist sie doch Barbie, die in all ihren verschiedenen Ausführungen als Ärztin, Astronautin oder Präsidentin Mädchen auf der ganzen Welt gezeigt hat, dass sie alles sein können, was sie wollen. Somit sind alle Probleme der Ungleichberechtigung gelöst – oder nicht?
Die Entdeckung des Patriarchats
Mit auf die Entdeckungsreise kommt Ken (Ryan Gosling, 42), der ohne Barbie nicht weiß, wer er ist. In der echten Welt ist alles anders – und Ken findet schnell heraus, was die echte Welt so anders macht: das Patriarchat. Ein Traum für den, der immer in Barbies Schatten stehen muss. Er stellt mit Bewundern fest: «Hier ist alles dafür gedacht, die Präsenz des Mannes zu erheben!»
Dieser Konflikt zwischen Fantasie und Realität, also konkret zwischen dem, was sich kleine Mädchen erhoffen und was die Welt ihnen bietet, zieht sich durch den Film und wird zunehmend philosophisch und politisch. Nicht zuletzt wird die Firma Mattel, die als Hersteller der Puppe im Film erscheint, wiederholt aufs Korn genommen. So sind alle namenlosen Entscheider im obersten Stockwerk Männer, denen die gesellschaftliche Bedeutung ihres Produkts egal ist, solange es sich gut verkauft.
Mit einem Augenzwinkern wird auch immer wieder auf die Steuerhinterziehung der mittlerweile verstorbenen «Barbie»-Erfinderin Ruth Handler verwiesen. Trotz dieser vermeintlichen Selbstkritik dürfte die echte Firma Mattel in diesem Jahr gute Zahlen schreiben. Schließlich ist der Film auch eine gut zweistündige Werbefläche für alles rund um «Barbie».
Dass Puppen alleine die Welt nicht zu einem feministischen Ort machen, wird in einem Plot-Twist deutlich, wie nur Hollywood ihn schreiben kann: Das Mädchen, mit dem Barbie verbunden ist, ist schon längst selbst Mutter (America Ferrera, 39) und arbeitet bei Mattel als Sekretärin. Dass sie vermutlich noch mehr auf dem Kasten hat, zeigen ihre Zeichnungen von «Cellulite Barbie» und «Todesgedanken Barbie».
Der Film scheint in seiner Aufmachung vor allem Mädchen und Frauen anzusprechen – obwohl natürlich jeder Barbie cool finden darf. Die Macher betonen daher, dass der Film buchstäblich an alle – also auch an Jungs und Männer – gerichtet sei. Das dürfte sich wohl vor allem auf die politische Botschaft beziehen. Denn Ken findet das Patriarchat so klasse, dass er es in Barbieland etablieren will.