Als Tausende DDR-Bürger beim Mauerfall am Abend des 9. November 1989 in Berlin auf den Straßen feierten, setzte sich Schauspielerin Katrin Sass lieber in ihre Stammkneipe. «Als ich begriffen habe, dass wirklich die Tür aufgeht, wollte ich nicht mit an den Ku’damm. Ich bin zu meiner Freundin in die Kneipe runter, habe mich sinnlos betrunken», sagte Sass der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
«Ich wollte mich nicht in der Masse am Ku’damm mit Bananen bewerfen lassen. Meinen großen Traum von der Freiheit wollte ich still und allein genießen.» In den Westen sei die 67-Jährige deshalb erst drei Tage später gefahren.
Für die Schauspielerin («Good Bye, Lenin!», «Weissensee») ist das Datum des Mauerfalls ein Feiertag, mit dem 3. Oktober verbinde Sass dagegen gar nichts. «Für mich gibt es nur den 9. November, an den ich mich wahnsinnig gerne erinnere. Das ist und bleibt mein Tag der Deutschen Einheit», sagte die gebürtige Schwerinerin, die seit vielen Jahren am Berliner Müggelsee lebt.
Die Unterschiede zwischen Ost und West hält die Schauspielerin für überschätzt: «Wir sprechen alle eine Sprache. Die eine Hälfte ist besser in Englisch, die andere in Russisch. Aber Deutsche sind Deutsche», sagte Sass. «Im Umgang sind wir alle gleich: Im Hotel meckern wir über das Frühstücksei. Und ab 13 Uhr traut sich keiner mehr, den Rasen zu mähen.» Sie lebe jetzt genauso lange im Westen wie im Osten: 33 Jahre. «Die erste Hälfte hat mich mehr geprägt, weil es eben die Kindheit war. Man bleibt für immer ein Ostler. So fühle ich mich – aber es fühlt sich nicht wie ein Nachteil an.»