Die Menschen in Deutschland zieht es wieder öfter vor die große Leinwand – aber immer noch seltener als vor der Pandemie. «Den Kinos geht es sehr viel besser als erwartet», sagte der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA), Peter Dinges.
Die Filmtheater hätten sich nach der Corona-Pandemie wieder deutlich erholt. «Kino ist wieder in aller Munde.» Abschließende Zahlen für 2023 werden erst im nächsten Jahr veröffentlicht. Bisher sei absehbar, dass die Ticketzahlen noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau von 2019 sein werden, sondern drunter liegen, sagte Dinges.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind 45,2 Millionen Tickets an den Kinokassen verkauft worden, wie die FFA in ihrer Halbjahresbilanz mitgeteilt hatte. 2019 waren es im gleichen Zeitraum 53,7 Millionen Kinokarten.
In einem dpa-Interview im Januar 2021 hatte Dinges damit gerechnet, nach dem Ende der Pandemie werde man einen Kinoboom erleben. Hat sich das bewahrheitet? «Wenn man genau hinschaut, ist ein Kinoboom da», betonte der Filmförderchef. «Zwar haben wir die früheren Zahlen noch nicht erreicht, aber wenn wir uns anschauen, was das Kino in diesem Jahr geboten hat und wie die Menschen das Kino angenommen haben, ist das aus meiner Sicht ein guter Start für die Zukunft.»
Ältere Kinobesucher zögern noch
Es habe Ticketzahlen und Umsätze gegeben, die in verschiedenen Monaten über denen des Jahres 2019 lagen. Die Menschen kämen wieder zurück – aber nicht so schnell, wie sich das die Branche erhofft habe. Ein genauerer Blick zeigt: Junge Leute gingen wieder mehr ins Kino. Ältere Menschen hingegen kämen noch nicht wieder so stark zurück, wie sie das 2019 getan haben. Das könne mehrere Gründe haben, sagte Dinges – etwa höhere Preise und Kosten für den Lebensunterhalt.
Auch bei den Ticketpreisen musste man in diesem Jahr teils tiefer in die Tasche greifen. Der durchschnittliche Eintrittspreis lag zum ersten Mal über zehn Euro, wie Dinges bemerkte. Das war im ersten Halbjahr 2023. «Diesen Preis muss man im Kontext relativieren, denn er war Filmen wie „Avatar“ und „Guardians of the Galaxy“ geschuldet. Für sie gab es einen 3D- und einen Überlängenaufschlag.» Das habe den durchschnittlichen Preis stark beeinflusst. Mittlerweile sei dieser wieder gesunken.
Kinobetreiber spürten zudem höhere Energie- und teils höhere Lohnkosten. Das müssten sie bei dem Eintrittspreis in irgendeiner Form einrechnen, um die Kosten wieder reinzuholen, so Dinges.
Erfolgsrezept von «Barbenheimer»
Nichtsdestotrotz waren Filme in diesem Jahr aus seiner Sicht «ungewöhnlich: ungewöhnlich schön und ungewöhnlich gut.» Zum Beispiel die beiden Blockbuster «Barbie» und «Oppenheimer», die am gleichen Tag im Juli in die Kinos kamen. Schnell machte die Wortschöpfung «Barbenheimer» die Runde. Laut Media Control wurde die grelle Satire mit Margot Robbie als Stereotyp-Barbie 2023 am meisten besucht.
Aus Sicht von Dinges ein Phänomen im Sommer – einer Jahreszeit, zu der eigentlich Menschen nicht so gerne und so viel ins Kino gehen. «Besonders war bei diesen Filmen zunächst die Ansprache des Publikums. Dies war eine Ansprache über Social Media, die die Filme eigentlich schon vor ihrem Start zum Kult gemacht hat.» Hinzu komme, dass beides Crossover-Filme sind, also mehrere Zielgruppen ansprechen und in Multiplexen genauso laufen wie in Programmkinos.
Crossover-Filme generell hätten in diesem Jahr funktioniert. «Das ist modernes Kino. So wollen die Leute angesprochen werden. Das hat funktioniert, und zwar sehr, sehr gut. Das scheint mir ein Rezept für die Zukunft zu sein.»
Einige Blockbuster laufen erst 2025 wegen Hollywood-Streiks
Apropos Zukunft: Mit Blick auf das nächste Jahr müsse man bei einigen Blockbustern vielleicht den ein oder anderen Abstrich machen. Monatelang hatten Drehbuchautoren und Schauspieler in Hollywood gestreikt – das hat auch hierzulande zu Verzögerungen bei der Lieferung von Filmen und ihrer Programmierung für 2024 geführt. «Das werden wir bei den Besuchszahlen natürlich spüren. Aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben», sagte Dinges. Streifen wie der neue Teil von «Mission Impossible» und «Avatar» laufen dann 2025 auf den Leinwänden.
Werden durch die Streikfolgen dann möglicherweise mehr deutsche Filme im Vordergrund stehen? «Der deutsche Film und der internationale Film haben eigentlich immer zusammengewirkt», erklärte Dinges. «Fehlt es an dem einen, ist der andere nach vorne getreten.» Das habe man schon während der Pandemie sehen können, als viele US-amerikanische Blockbuster nicht gestartet waren und es einen «phänomenalen» deutschen Marktanteil gab.