Er schrieb über Irland, über Kultur und Geschichte der grünen Insel und sympathisierte mit nationalistischen Militanten. Bekannt aber wurde der Sänger Shane MacGowan von der anglo-irischen Punkband The Pogues mit einem Weihnachtslied über eine Stadt in den USA. «Fairytale Of New York», gemeinsam gesungen mit Kirsty MacColl, wurde zum Welthit.
Nun ist Shane MacGowan tot, wie seine Frau Victoria Mary Clarke und die Pogues am Donnerstag bei Instagram mitteilten. Er sei in der Nacht im Alter von 65 Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben. «Shane wird als einer der größten Dichter der Musik in Erinnerung bleiben», würdigte der irische Präsident Michael D. Higgins den Künstler. Sänger Nick Cave nannte ihn «einen echten Freund und den großartigsten Songwriter seiner Generation».
Die Pogues formierten sich Anfang der 1980er Jahre. Der Gründungsname Pogue Mahone war eine Anglisierung des irisch-gälischen Ausdrucks póg mo thói – «küss meinen Hintern». Bekannt wurden sie als Vorband von The Clash und mit ihrer Coverversion des Lieds «Dirty Old Town».
Auf immer verbunden ist mit den Pogues aber «Fairytale Of New York», das zum Hit wurde. Die Anfangsszene des Musikvideos in einer Ausnüchterungszelle spricht dabei auch eines der größten Probleme des brillanten Musikers MacGowan an: die Alkoholsucht. Bereits mit vier Jahren habe er mit dem Trinken begonnen, erzählte er einmal – seine Familie gab ihm Guinness als Einschlafhilfe. «Unheimlich kreativ» habe ihn der Alkoholmissbrauch aber gemacht, sagte er 1990.
Zum Singen auf den Küchentisch gestellt
Passenderweise am ersten Weihnachtstag 1957 als Sohn irischer Emigranten in der südostenglischen Grafschaft Kent geboren, wurde MacGowans lyrisches Talent schon früh bemerkt. «Sie haben mich zum Singen auf den Küchentisch gestellt, und der Song kam gut an», sagte MacGowan einmal der Zeitung «Guardian». Damals sei er drei Jahre alt gewesen. Später erhielt er ein Stipendium für die renommierte Westminster School in London – doch flog bald wegen Drogenbesitzes. Dann wollte er Priester werden, aber landete doch beim Punk. Da sei er glücklich gewesen, sagte er in einem Interview. Er betrachte Punk nicht als Chaos. «Ich betrachte es als natürliches Leben.»
Aufsehen erregte MacGowan 1976, als ein Bild von ihm mit verwundetem Ohr bei einem Clash-Konzert in der Musikzeitschrift «New Musical Express» abgedruckt wurde. Er spielte erst in der Punkband Nips, bevor er gemeinsam mit Ex-Madness-Mitglied John Hasler etwas später Pogue Mahone gründete. Den Originalnamen legten sie ab, um nicht von der BBC zensiert zu werden. Für «Derry Girls»-Schauspielerin Siobhan McSweeney war MacGowan die «Stimme von London für uns Iren». «Als ich Angst davor hatte, hierherzuziehen, lockte er mich mit Liedern über Glücksritter, Trinker, Liebhaber, Dichter und Schurken. Das ist mein Ort, dachte ich», schrieb sie beim Kurznachrichtendienst X.
MacGowan symphatisierte mit der Terrororganisation IRA
Lange sympathisierte MacGowan mit der katholisch-republikanischen Terrororganisation IRA. «Ich schämte mich, dass ich nicht den Mut hatte, der IRA beizutreten. Die Pogues waren meine Weise, damit klarzukommen», sagte er einst. Die Chefin der Partei Sinn Fein, die lange als politischer Arm der IRA galt, Mary Lou McDonald, würdigte den Musiker als Erzähler der irischen Geschichte. Irland habe eine seiner Ikonen und die Welt einen ihrer größten Songwriter verloren.
MacGowans Gesundheit litt Ende der 1980er enorm unter seinem Alkohol- und Drogenkonsum. Als er 1991 bei einer Japan-Tour nicht zu Konzerten auftauchte, feuerte die Band ihn. «Am Ende habe ich jede Sekunde gehasst», sagte der Musiker 1997 dem «Telegraph». «Ich mochte nicht mehr, was wir spielten. Ich habe mich geweigert, mich zu beugen und Profi zu werden.» So groß aber waren seine Drogenprobleme, dass die – vor vier Monaten verstorbene – irische Sängerin Sinéad O’Connor ihn im Jahr 2000 wegen Heroinbesitzes anzeigte – um ihn von dem Rauschgift loszubekommen. Jahre später dankte MacGowan ihr dafür. Nun sind zwei der bekanntesten irischen Musiker im selben Jahr gestorben. Präsident Higgins sprach daher von einem ganz besonderen Schmerz.