Von der Gegenwart eingeholt: Das Ende von «The Crown»
Fflyn Edwards (l-r) als Prinz Harry, Elizabeth Debicki als Prinzessin Diana und Rufus Kampa als Prinz William spielen in der Serie «The Crown» mit. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Escale/Netflix/dpa)

Meist dauerte es nicht lange. Wenn die ersten neuen Folgen von «The Crown» erschienen, war es nur eine Frage der Zeit, bis wieder darüber gestritten wurde. Was an der Erzählung über die britische Königsfamilie stimmt wirklich?

Nach sieben Jahren geht eine der erfolgreichsten Serien beim Streamingdienst Netflix nun zu Ende. Heute erscheinen die letzten sechs Folgen – und sie beginnen mit Prinz William.

Nach dem Unfalltod seiner Mutter Prinzessin Diana versucht William (Ed McVey), in seinen Alltag zurückzukehren. Die Beziehung zu seinem Vater Prinz Charles (Dominic West) gestaltet sich schwierig. Der Teenager wird von vielen Frauen angehimmelt. Und im Laufe der neuen Staffel verguckt er sich in Kate Middleton (Meg Bellamy).

Seine Großmutter Königin Elizabeth II. (Imelda Staunton) bekommt es dagegen mit Premierminister Tony Blair zu tun, dessen Beliebtheit der Monarchin Sorgen bereitet. Bald sieht sich Elizabeth II. mit der Frage konfrontiert, zu welchen Reformen sie bereit ist, wenn sie das Königshaus aus der Krise retten will.

Ehrgeiziges Serienprojekt

«The Crown» dürfte als eine der bisher ambitioniertesten Serien in die Geschichte eingehen. Mit opulenter Ausstattung erzählte sie über Jahrzehnte Handlung hinweg vom Leben einer der bekanntesten Familien der Welt. Dass die Figuren mit zunehmendem Alter von verschiedenen Schauspielerinnen und Schauspielern gespielt wurden, ist als Idee gut gelungen.

Darstellerin Claire Foy prägte das Bild der jungen Elizabeth II.. Auch, weil nur wenige Leute noch eigene Erinnerungen an den Beginn ihrer Regentschaft haben dürften. In den neuen Folgen dagegen läuft Musik von Natalie Imbruglia im Radio und die Autos sehen nicht mehr nach Museum aus. Die letzte Staffel erzählt von den Jahren 1997 bis 2005. Einer Zeit also, die viele Menschen selbst erlebt haben.

Vielleicht liegt es auch daran, dass der Zauber der Serie etwas verflogen ist und sich manche Szenen ein wenig nach Seifenoper anfühlen. Der Tod von Prinzessin Margaret (Lesley Manville) etwa, der Schwester der Queen, wird doch arg ausgewalzt. Und in manchen Gesprächen wird so ausgiebig über Gefühle geredet, dass die Szenen selbst in normalen Familien fast unglaubwürdig wirken könnten.

Debatte über historische Fakten

Die Serienmacher handelten sich öfter den Vorwurf ein, sie gingen in manchen Szenen zu weit, für die es keine Belege gebe. Der frühere britische Kulturminister Oliver Dowden kritisierte mal: «Ich fürchte, dass eine Generation von Zuschauern, die diese Geschehnisse nicht erlebt hat, Fiktion für Tatsache halten könnte.» Diskutiert wurde damals über die Frage, ob es Warnhinweise brauche.

Die für die Recherche der Serie zuständige Annie Sulzberger sagte dem «Hollywood Reporter», man habe nie behauptet, einen Dokumentarfilm zu machen. Die Macher versuchten, das Land, die Institutionen und die Leute auf eine Art zu zeigen, die sie menschlich mache und «uns einen kleinen Einblick in unsere eigene Kultur» gebe. «Ich glaube nicht, dass das auch nur im Geringsten irreführend gewesen ist.»

Ihrer Meinung nach sollte man das Publikum auch nicht unterschätzen, es sei schlauer. Viele Produktionen bräuchten sonst ihrer Meinung zufolge einen Hinweis. «Und wo hört man dann auf? Sagt man dann, wenn etwas im 19. Jahrhundert spielt, dann ist es weit genug weg, dann braucht man das nicht mehr? Oder in den 1980ern?»

Dianas vermeintliche Geisterszene

Britische Medien jedenfalls beäugten auch die letzte Staffel streng. Dass Diana (Elizabeth Debicki) nach dem Unfalltod in der Erzählung noch einmal zu sehen ist, löste Diskussionen aus. Autor Peter Morgan verteidigte die Entscheidung im US-Branchenblatt «Variety». Er habe nicht ihren Geist gezeigt, sondern darstellen wollen, wie sehr sie auch nach ihrem Tod in den Köpfen der Menschen noch präsent sei.

«Ich glaube nicht, dass es möglich ist, im Vereinigten Königreich eine vernünftige Unterhaltung über «The Crown» zu führen», sagte Morgan nach Angaben von «Variety». Er vertrat in dem Interview auch die These, dass Menschen sich vielleicht deswegen so an der Serien abarbeiteten, weil das ihre Gefühle zur Königsfamilie widerspiegele – sie existiere wie eine Schattenfamilie im Unterbewusstsein.

In dem Interview brachte er auch noch einen ganz interessanten Punkt auf. Ihnen werde nie zugutegehalten, welche Spekulationen sie alle nicht thematisiert hätten. «Es ist unglaublich, was wir alles hätten schreiben können», sagte Morgan. Auch wenn die Serie nun endet – Material über die Royals dürfte es weiterhin geben.

Von Julia Kilian, dpa