Die Vorgeschichte: Timothée Chalamet als «Wonka»
Timothée Chalamet spielt Willy Wonka charmant und nicht so schrullig wie seine Vorgänger. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jaap Buittendijk/Warner Bros./dpa)

Roald Dahls Klassiker «Charlie und die Schokoladenfabrik» zählt 60 Jahre nach seiner Veröffentlichung immer noch zu den bekanntesten und beliebtesten Kinderbüchern weltweit. 1971 wurde es mit Gene Wilder als Willy Wonka erstmals verfilmt. Im Jahr 2005 griff Tim Burton den Stoff erneut auf – mit Johnny Depp in der Hauptrolle.

Jetzt erzählt ein neuer Film die Vorgeschichte dazu. In «Wonka» spielt Timothée Chalamet den eigenwilligen Schokoladenfabrikanten. Die Musicalkomödie ist seit dieser Woche bei mehreren großen Streamingdiensten als kostenpflichtiges Video-on-Demand verfügbar.

Das Werk von «Paddington»-Regisseur Paul King spielt rund 25 Jahre vor den Ereignissen von «Charlie und die Schokoladenfabrik» und ist als Prequel zum Film von 1971 angelegt, der «Willy Wonka und die Schokoladenfabrik» hieß. Der junge, gutmütige Wonka (Chalamet) hat den Traum, Menschen mit seinen selbst gemachten Süßwaren glücklich zu machen. Seine Versuche, einen eigenen Laden zu eröffnen, werden aber durch drei etablierte Schokoladenfabrikanten sabotiert, die zu fiesen Mitteln greifen.

Ein herzlicher Willy Wonka

Chalamet spielt Wonka charmant und nicht so schrullig wie seine Vorgänger. «Ich bin ein großer Fan beider Filme», sagte er voriges Jahr zum Kinostart im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. «In unserem Film ist Willy Wonka nicht der gebrochene, verrückte, wunderbar komplizierte, geheimnisvolle Charakter, den Gene Wilder gespielt hat. Dies ist eher ein ambitionierter, herzlicher, in gewisser Weise naiver, junger Willy.»

Durch seine unbedachte Unterschrift unter einen Vertrag für eine Übernachtung gerät Wonka in die Fänge der garstigen Mrs. Scrubbit (Olivia Colman) und muss fortan in ihrer Wäscherei arbeiten. Zusammen mit dem Waisenmädchen Noodle (Calah Lane), dem Buchhalter Abacus (Jim Carter) und anderen Zwangsarbeitern schmiedet der erfindungsreiche Wonka einen Plan. Dabei könnte ihm auch ein gewisser Oompa-Loompa (Hugh Grant) aus seiner Vergangenheit behilflich sein.

Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Paul King hat sich stark an dem 70er-Jahre-Klassiker orientiert. Roald Dahl hatte sich damals zwar von dem Film distanziert, weil er mit Änderungen an seinem Skript und Abweichungen vom Buch nicht einverstanden war. Doch «Willy Wonka und die Schokoladenfabrik» entwickelte sich generationenübergreifend zum Kultfilm. «Ich bin damit aufgewachsen und er liegt mir sehr am Herzen», erzählte auch King im dpa-Interview.

Verbeugung vor dem 70er-Jahre-Klassiker

«Es war mir wichtig, einen Film zu machen, der nicht irgendwie das Vergnügen an dem alten Werk schmälert und beeinträchtigt», sagt der britische Filmemacher. «Ich hoffe, das ist uns gelungen.» Tatsächlich funktioniert seine unterhaltsame Musical-Komödie so gut, weil sie visuell, klanglich und atmosphärisch nah an dem alten Film ist, aus dem unter anderem der Songklassiker «The Candy Man» stammt. Schon während des Vorspanns von «Wonka» ist die Melodie von «Pure Imagination» zu hören, dem musikalischen Thema von 1971.

Die neuen Songs stammen von Neil Hannon, dem Frontmann der britischen Band The Divine Comedy, und passen perfekt zu den alten Liedern von Leslie Bricusse und Anthony Newley. Für seine Rolle nahm Chalamet lange Gesangsunterricht. «Ich habe viel gelernt und es hat enorm geholfen», sagt der Schauspieler. In seiner nächsten Rolle als Bob Dylan sind seine stimmlichen Qualitäten erneut gefragt. «Die Willy-Wonka-Stimme könnte davon nicht weiter entfernt sein», sagt er lachend.

Diskussion um Oompa-Loompa

Auch der kultige Oompa-Loompa-Song darf in «Wonka» natürlich nicht fehlen. Dass in Hugh Grant ein Schauspieler die Rolle besetzt, der nicht kleinwüchsig ist, sorgte vorab für Kritik. Sicher kann man darüber diskutieren, aber schauspielerisch war es ein Geniestreich. Denn Grant ist einfach köstlich als grünhaariger kleiner Grantler, der singt und tanzt. Er sorgt für die größten Lacher im Film.

Neben Oscar-Gewinnerin Colman als fiese Mrs. Scrubbit amüsieren Paterson Joseph (als Mr. Slugworth), Matt Lucas, Mathew Baynton und «Mr. Bean» Rowan Atkinson als comichafte Bösewichte. Der US-Comedian Keegan-Michael Key («Key & Peele») spielt einen korrupten Polizeichef, der sich mit Schokolade bestechen lässt und im Laufe des Films immer voluminöser wird. Die Charaktere passen wunderbar in die Tradition von Roald Dahls vielen originellen Figuren.

Die fantasievolle Welt von Willie Wonka wurde überwiegend mit echten Kulissen erschaffen, nur das Nötigste stammt aus dem Computer. Für eine bestimmte Szene mussten – oder durften – Chalamet und Calah Lane sogar in echter Schokolade schwimmen, laut der Teenagerin «ein großer Spaß». Das ist «Wonka» auch für die Zuschauer. Paul King und seinem Team ist ein warmherziger und lustiger Film gelungen. Aber Achtung, ein Ohrwurm bleibt: «Oompa loompa doompety doo …»

Wonka, USA/UK 2023, 116 Min., FSK 6, von Paul King, mit Timothée Chalamet, Hugh Grant, Calah Lane, Keegan-Michael Key, Olivia Colman

Von Philip Dethlefs, dpa