Beehive-Frisur, ausgeprägter Lidstrich und Retro-Klamotten aus den 1960ern: Amy Winehouse fällt schon optisch aus der Reihe, als sie Mitte der 2000er mit ihrem legendären Album «Back to Black» weltweite Erfolge feiert. Das gleichnamige Biopic der britischen Regisseurin Sam Taylor-Johnson («Fifty Shades Of Grey») zeigt die (kurze) Karriere der exzentrischen Ausnahmekünstlerin – und wie sie letztlich an Alkohol und anderen Drogen zerbricht.
«Damit eins klar ist: Ich bin kein Spice Girl». Mit dieser klaren Ansage meldet sich die damalige Teenagerin, die bis dahin vor allem in kleinen Pubs im Londoner Stadtteil Camden singt, bei ihrem späteren Manager. Schnell wird deutlich: Winehouse (brillant gespielt von Marisa Abela) ist mit einem einzigartigen Talent gesegnet. Disziplin gehört allerdings nicht zu ihren Stärken.
Ein wichtiges Treffen mit ihren Plattenbossen, bei dem es nach dem nationalen Erfolg der Debüt-Platte «Frank» um ihre Zukunft geht, verschläft sie. Als die Manager vorschlagen, sie solle künftig ohne Gitarre auf der Bühne stehen, verlässt Winehouse das Meeting – und betrinkt sich tagsüber in einem Pub. Dort lernt sie den charismatischen Blake (Jack O’Connell) kennen und verliebt sich auf der Stelle.
Winehouse schreibt über toxische Beziehung
Es beginnt eine leidenschaftliche Affäre samt Alkohol, harten Drogen und Prügeleien. Blake flüchtet zurück zur Ex, Winehouse versinkt in einem Loch. In dieser Phase entsteht unter anderem der Songtext zu «Back to Black». Mit dem gleichnamigen zweiten Album schafft Winehouse 2006 den internationalen Durchbruch – und gewinnt Blakes Herz zurück.
Doch die Beziehung zwischen den beiden bleibt toxisch, die Exzesse häufen sich, Winehouse riskiert ihre Karriere. Am Ende stimmt sie endlich einer Entziehungskur zu, was sie zunächst mehrmals ablehnte («They tried to make me go to rehab. But I said no, no, no.»).
Das tragische Ende ihres Lebens wird im zweistündigen Drama nur im Abspann erwähnt: Winehouse wird im Juli 2011 tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Sie stirbt nach einem Rückfall an einer Alkoholvergiftung – mit nur 27 Jahren.
Abela erweckt Amy optisch und stimmlich zum Leben
Das tragisch kurze Leben zwischen Genie und Wahnsinn wird von Taylor-Johnson eindrücklich und mit vielen musikalischen Untermalungen inszeniert. Sie fokussiert sich dabei auf die toxische Liebesbeziehung. «Ich finde wichtig zu sehen, dass das Album, das wir alle lieben und eines der größten Alben unserer Generation ist, das Ergebnis dieser Liebesgeschichte ist», erklärte die Filmemacherin im dpa-Interview.
Hauptdarstellerin Abela, die bislang vor allem Fans der US-Serie «Industry» ein Begriff sein dürfte, spielt in «Back to Black» die Rolle ihres Lebens. Sie sieht Winehouse nicht nur täuschend ähnlich, sondern performt im Film alle Songs selbst – obwohl sie vorher gar nicht singen konnte.
«Amy hat sich der Welt durch ihre Musik mitgeteilt. Ich hatte das Gefühl: Wenn ich so klinge wie sie, kann ich ihre Bedürfnisse und Lüste durch ihre Musik transportieren», sagte Abela der dpa. Sie sang die Songs zusammen mit Winehouses alter Band ein – auf dem Soundtrack zum Film ist allerdings die echte Amy zu hören.
Die Musikdarbietungen gehören definitiv zu den Highlights des zweistündigen Films, den man sich – wenn möglich – im Original anschauen sollte. Denn dort kommen der Nordlondoner Akzent und das lose Mundwerk der aufstrebenden Winehouse besser zur Geltung. «Sie hat ihre Sprache sehr bewusst eingesetzt mit einer gewissen Dreistigkeit. Sie hat dich damit entweder verletzt oder dich an sie herangelassen», erklärte Abela.
Am Ende bleibt für das Publikum ein Gefühl von Traurigkeit zurück, dass eine so hochbegabte Jazz- und Soulmusikerin den Kampf gegen ihre Dämonen viel zu früh verloren hat.