Mehr Interesse an Nachrichten, mehr Sehdauer pro Tag: Das klassische Fernsehen gehört zu den Gewinnern des Corona-Jahres. Innerhalb des Fernsehprogramms sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Dritten Programme der ARD die Sieger gewesen.
Mit mindestens 23 Millionen TV-Zuschauern ihrer Brandrede zur Corona-Krise am 18. März («Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.») war die Kanzlerin die Quotenkönigin des Jahres. «Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.»
Neun Millionen im Ersten, neun Millionen im ZDF, fast fünf Millionen bei RTL – und kleinere Sender kamen noch oben drauf. So viele TV-Zuschauer an einem Abend erreichte niemand sonst.
Der meistgesehene Fernsehfilm des Jahres war mit 13,80 Millionen Zuschauern der WDR-«Tatort: Es lebe der König!» (20.12.) mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers im Ersten. Mit 13,15 Millionen landete der zweite Münster-«Tatort» des Jahres («Limbus», 8.11.) auf Platz zwei. Erst dahinter folgte zahlenmäßig König Fußball in Form des Champions-League-Finales München-Paris: Wie die Bayern den Titel holten, verfolgten am 23. August 12,81 Millionen Zuschauer im ZDF.
Die meistgesehene Unterhaltungsshow war «Das Adventsfest der 100 000 Lichter» (MDR) mit Florian Silbereisen aus Suhl, das das Erste am 28. November zeigte. Es war das zehnte unter diesem Namen.
Beliebteste Talk-Sendung im deutschen Fernsehen war laut ARD «Anne Will». Durchschnittlich 3,97 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten die Gespräche – rund 720 000 mehr pro Sendung als 2019.
Auch «hart aber fair» mit Frank Plasberg (3,15 Millionen, plus etwa 680 000) und «maischberger. die woche» (1,41 Millionen, plus etwa 220 000) gewannen Publikum hinzu. Beim ZDF punktete «Markus Lanz», den jedes Mal etwa 1,8 Millionen einschalteten (plus etwa 300 000).
Bei den Sendern hat sich das ZDF zum neunten Mal in Folge als einzelner Kanal nach Marktanteilen den Jahressieg im deutschen Fernsehen gesichert. Mit dem Stand von einschließlich Dienstag (29. Dezember) kam das Zweite 2020 auf 13,6 Prozent Marktanteil. Das Erste folgt mit 11,3 Prozent. Zählt man alle Dritten Programme der Öffentlich-Rechtlichen zusammen, dann waren erneut die Dritten die Ersten: Sie erreichten nämlich 13,7 Prozent Marktanteil. Er setzt sich laut ARD zusammen aus 2,7 Prozent fürs NDR Fernsehen, 2,5 fürs WDR Fernsehen, 2,1 jeweils fürs MDR und SWR Fernsehen sowie 2,0 fürs BR Fernsehen, 1,2 fürs RBB Fernsehen und 1,1 fürs HR Fernsehen.
Stärkster Privatsender war wieder RTL mit 8,1 Prozent. Es folgten Sat.1 mit 5,7, Vox mit 4,6, ProSieben mit 4,0 , Kabel eins mit 3,5, ZDFneo mit 2,9 und RTLzwei mit 2,7. Dahinter lagen Sender wie Nitro und RTLplus, SuperRTL, ntv und Welt.
In der Zielgruppe zwischen 14 und 59 Jahren war RTL Marktführer mit 10,2 Prozent. Bei den Jungen zwischen 14 und 19 Jahren siegte Sat.1 (10,9) vor ProSieben (10,6).
Unter den Nachrichtensendungen hielt die «Tagesschau» ihre Spitzenposition. Die 20-Uhr-«Tagesschau» sahen im Schnitt täglich etwa 11,8 Millionen im Ersten und den anderen ausstrahlenden Kanälen wie den Dritten, 3sat, Phoenix, Tagesschau24 und ARD-alpha. Das waren sprunghaft etwa 2 Millionen mehr als 2019. Besonders erfolgreich war die Sendung in den Lockdown-Monaten.
Im Corona-Jahr ist deutlich mehr klassisch-linear ferngesehen worden. So betrug die durchschnittliche Sehdauer laut Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) bei den Zuschauern ab drei Jahren im Schnitt 220 Minuten am Tag, also über dreieinhalb Stunden. Sie lag damit über dem Niveau des Vorjahres von gut 210 Minuten (Zeitraum 1.1. bis 29.12.2020, Montag bis Sonntag 3 bis 3 Uhr).
14- bis 59-Jährige sahen im Schnitt drei Stunden fern am Tag (180 Minuten), Jugendliche (14 bis 19 Jahre) lediglich 49 Minuten.