Das Humboldt Forum in Berlin hat sich vom millionenschweren Bauprojekt ohne Inhalt zum Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft gemausert. So zumindest die Hoffnung der beteiligten Institutionen und des Bundes als wichtigstem Geldgeber.
Nach der coronabedingt zunächst nur digitalen Eröffnung im Dezember wollen die Akteure innerhalb einer komplizierten Struktur bis Jahresende die Türen auf sämtlichen Ebenen des Hauses aufsperren.
Das 677 Millionen Euro teure Forum hat der italienische Architekt Franco Stella realisiert. Hinter der viel kritisierten rekonstruierten Fassade des alten Stadtschlosses agieren künftig zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin und die Humboldt-Universität. Gezeigt werden sollen Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins.
Im sperrigen Bau birgt auch die Konstruktion mit vier Institutionen mächtig Zündstoff. Intendant Hartmut Dorgerloh ist als Chef der Dachkonstruktion der Stiftung Humboldt Forum vor allem für Sonderausstellungen und Veranstaltungen zuständig. Daneben agieren Preußen-Stiftung, Berlin und Universität weitgehend unabhängig.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer sieht die komplizierten Strukturen gelassen. «Alle Akteure haben an einem gemeinsamen Governance-Modell für das Humboldt Forum gearbeitet, im Gebäude herrscht Vielfalt und auch der Freiraum für unterschiedliche Akteure, eigene Akzente zu setzen», sagte der Linke-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Das Humboldt Forum wird sich mit den verschiedenen Angeboten erst noch bewähren müssen, auch mit den Widersprüchlichkeiten, die damit notwendig verbunden sind und die ich nicht für ein Problem halte.»
Lederer hofft auf einen «Kontrapunkt zu einem Selbstverständnis, dass das Humboldt Forum sozusagen als Aushängeschild der Bundesrepublik als geläuterte Nation darstellt. Hier sollen unbedingt Widerspruch und Auseinandersetzung ermöglicht werden. Zu welchem Zweck betreibt man Museen? In einem aufgeklärten Sinne, um die Leute anzuregen, ihren Verstand zu benutzen.»
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters sieht das Forum vor besonderen Herausforderungen. «Diese Kultureinrichtung stellt etwas Neues dar, mitten im Herzen Deutschlands. Deshalb gibt es gewaltige Erwartungen an die Arbeit des Humboldt Forums», sagte die CDU-Politikerin der dpa. «Nun beginnen wir unter erschwerten Corona-Bedingungen, den Praxistest muss das Humboldt Forum also noch bestehen.»
Generalintendant Hartmut Dorgerloh setzt auf das Zusammenwirken der beteiligten Akteure. «Wir haben jetzt die Konzentration darauf gerichtet, dass Humboldt-Universität, Stadtmuseum und die Staatlichen Museen erst alles das realisieren, was sie jeweils vorbereitet haben», sagte Dorgerloh der dpa. «Wenn das im Haus startet, geht erst wirklich die Zusammenarbeit los.»
«Momentan unterscheiden wir zwischen eigenen Programmen und kooperativem Programm», sagte der Intendant. «Die aktuellen Ausstellungen sind jetzt erstmal quasi die Basis, die Pflicht. Das hat aber auch schon die Zusammenarbeit ziemlich intensiviert, bis hin zur internen Kommunikation.» Die Frage sei, welcher Mehrwert gemeinsam erreicht werden könne. Dafür sei auch der Versuchsgeist wichtig. «Wir probieren halt einfach mal was aus. Wir bringen die unterschiedlichen Kulturen zusammen, nicht nur aus allen Kontinenten, sondern auch die der Partner. Darin sehen wir ein großes Potenzial.»
Auch der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, blickt zuversichtlich auf die Kooperation. «Die institutionelle Konstruktion des Humboldt Forums mit seinen unterschiedlichen Akteuren ist sicher nicht einfach», sagte er der dpa. «Aber wir arbeiten sehr, sehr gut zusammen, mit dem Generalintendanten und seinem Team sowie mit unseren Partnern.» Das sei eine entscheidende Grundlage für den Erfolg des Projekts.