Winter in Taunus. Tiefdruckgebiet «Ahmet» macht's möglich. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Frank Rumpenhorst/dpa)

«Ahmet», «Goran» oder «Chana»: In den ersten Wochen des Jahres 2021 werden verstärkt Namen mit Migrationshintergrund auf der Wetterkarte stehen. Mit der Kampagne «Wetterberichtigung» will das Netzwerk «Neue deutsche Medienmacher*innen» (NdM) Vielfalt in der Bevölkerung sichtbar machen. 

Dazu hat der Zusammenschluss 14 Patenschaften für Hoch- und Tiefdruckgebiete gekauft – was zur Vergabe der Namen berechtigt. «Wir kapern das Wetter 2021 und schleusen neue deutsche Namen in den Wetterbericht», heißt es in der Kampagne. 

Laut dem Verein «Berliner Wetterkarte» sind internationale Namen bisher keine Seltenheit gewesen. «Es muss nichts eingeschleust werden. Etwa 30 Prozent der Namen kommen bereits aus dem außerdeutschen Raum», berichtet Vereinsvorsitzende Petra Gebauer. Sie betreut das studentische Projekt «Aktion Wetterpate», das die Patenschaften jedes Jahr vergibt. Jeweils im Vorjahr können sich Interessenten für Hoch- und Tiefs bewerben und die Patenschaften erwerben. Die Preise liegen bei 360 Euro für Hochs und 240 Euro für Tiefs.

Mit den Einnahmen wird die studentische Wetterbeobachtung in Berlin-Dahlem weiter finanziert. «Alle Namen, die standesamtlich anerkannt sind, können auch vergeben werden. Die Vergabe erfolgt nach Reihenfolge der Antragseingänge», erklärt Gebauer.

Aus Sicht des Vereins NdM ist der Anteil «migrantischer Namen» bei den Wetterpatenschaften weitaus geringer. «In den vergangenen zehn Jahren lag der Anteil bei den Hochs zum Beispiel bei ungefähr elf Prozent», sagt NdM-Vorsitzende Ferda Ataman. Ihr Verein habe Namen gezählt, die nicht als (typisch) deutsch wahrgenommen werden. «Migrantische Namen» seien Namen, die bei einer Bewerbung für eine Wohnung oder einen Job als potenziell so wahrgenommen würden.  

Theoretisch hätten fast alle Menschen in Deutschland einen «Migrationshintergrund». «Aber nur bestimmte Gruppen werden unter Migrationshintergrund wahrgenommen: Araber, Türken, Menschen aus Asien, Afrika», so Ataman. 

«Das Wetter diverser zu machen, ist nur ein symbolischer Schritt», erklärte Ataman. «Wichtig ist, dass gesellschaftliche Vielfalt endlich Normalität wird, überall. Wir wollen mit diesem kleinen Hack ein Zeichen setzen. Hier konnten wir uns einkaufen.» In anderen Bereichen sei das schwieriger: «Wir können uns zum Beispiel nicht einfach fünf Abteilungsleiterposten kaufen.» 

Die Organisation setzt sich für Vielfalt im Medienbereich ein und fordert gemeinsam mit Partnern aus der Schweiz und Österreich, dass bei jedem Thema und jeder Sendung auch nicht-weiße Menschen gezeigt werden. 

Die Organisationen schlagen auch eine Quote für Journalisten und Journalistinnen aus Einwandererfamilien von 30 Prozent bis 2030 vor. Den Angaben zufolge liegt der Anteil von Medienschaffenden mit Migrationshintergrund in Deutschland schätzungsweise bei 5 bis 10 Prozent. In der Bevölkerung insgesamt hat hingegen jede vierte Person einen Migrationshintergrund, wurde also entweder selbst nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren oder hat mindestens ein Elternteil, bei dem das der Fall ist.

Auf die Aktion «Wetterberichtigung» gab es inzwischen zahlreiche Reaktionen. Darunter seien auch negative Kommentare gewesen, sagte Petra Gebauer. «Es gab aber keine Beeinflussung, sondern feste Regeln und die wurden auch eingehalten», betonte sie. Im Internet reagierten Leser häufig unter anderem mit ironischen Kommentaren. So schrieben Twitter-Nutzer: «Alter, wenn irgendwas Migrationshintergrund hat, dann Wetter» oder «Entweder Schnee oder Sonne, alles dazwischen gehört berichtigt».

Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten, Von Martina Herzog und Anja Sokolow, dpa