Zuckerbäckerin hätte Christiane Hörbiger werden sollen, wenn es nach ihrer Mutter gegangen wäre. Doch schon früh kristallisierte sich heraus, dass Hörbiger voller Leidenschaft in die Fußstapfen ihrer berühmten Schauspieler-Eltern treten wollte.
Über 60 Jahre lang begeisterte die Österreicherin gerade auch ihr Publikum in Deutschland – im Theater, im Film und TV. Rund 130 Fernseh- und Filmproduktionen umfasst ihr Lebenswerk. Am Mittwoch ist die «Grande Dame» des deutschsprachigen Films, die wie kaum eine andere mit Eleganz und Anmut alterte, mit 84 Jahren in ihrer Heimatstadt Wien gestorben.
Österreichs Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer würdigte Hörbiger als einzigartige Person in der deutschsprachigen Theater- und Filmbranche. «Sie war eine solch beständige, eindrucksvolle Erscheinung und in so hohem Maße präsent, dass die Nachricht über ihren Tod fast unwirklich erscheint», sagte Mayer. Der deutschsprachige Fernsehfilm ohne Christiane Hörbiger sei eigentlich unvorstellbar.
Auch Deutschlands Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Hörbiger als «großen Star des deutschen Films». Hörbiger habe dabei «immer wieder auch in besonders charakteristischen und komplexen Frauenrollen geglänzt und so in einer lange männerdominierten Branche ein klares Zeichen für die Rolle der Frau in Kunst und Kultur gesetzt».
Sie verließ Wien nach ihrem Debüt am Burgtheater
Dabei entpuppte sich der berühmte Name und der Vergleich mit ihren omnipräsenten Eltern Paula Wessely und Attila Hörbiger zu Beginn ihrer Karriere als Belastung. Nach vernichtenden Kritiken ihres ersten Auftritts am Wiener Burgtheater verließ sie deshalb ihre Heimat und erspielte sich im Ausland einen Namen.
Es war der Beginn einer großen Karriere: Die Grimme-Preisträgerin war in den vergangenen Jahrzehnten aus der deutschsprachigen Film- und Fernsehbranche nicht mehr wegzudenken. Einen ihrer größten Erfolge feierte sie als Göring-Nichte Freya von Hepp in der Satire «Schtonk» über die gefälschten Hitler-Tagebücher.
1987 hatte Hörbiger in der Serie «Das Erbe der Guldenburgs» den Sprung in die TV-Unterhaltung gewagt. Im Zentrum der erfolgreichen ZDF-Serie steht das Bier-Imperium der Familie Graf von Guldenburg – mit Hörbiger als Witwe. Sie pflegt eine Feindschaft mit den neureichen Balbecks – mit Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek an der Spitze.
65 Folgen lang verkörperte Hörbiger von 1998 bis 2002 in der ARD-Serie «Julia – Eine ungewöhnliche Frau» eine von Schicksalsschlägen geprüfte Wiener Juristin.
Mit dem Alter kam sie gut zurecht
Hörbiger hatte nach eigenen Worten wenig Probleme mit dem Älterwerden. «Es gibt im Fernsehen schon wunderbare Rollen für ältere Frauen, man muss nur bereit sein, sich von der Rolle der Liebhaberin zu verabschieden und die der Großmutter zu übernehmen», sagte Hörbiger einst bei einer Filmpräsentation. Die Zuseher wusste sie beim Rollenwandel auf ihrer Seite: «Das Fernsehpublikum ist mit mir gealtert und findet es recht sympathisch, wenn einem der gleiche Jahrgang entgegenlacht», sagte sie der österreichischen Zeitung «Kurier».
Sie wollte nicht der erste weibliche King Lear werden
Nur auf die Bühne zog es die ehemalige Buhlschaft des Salzburger «Jedermann», der auch schon von ihrem Neffen Cornelius Obonya gespielt wurde, schon lange nicht mehr. Sie wollte sich von der Anspannung und der Angst, den Text zu vergessen, befreien. «Mit dem Theater habe ich abgeschlossen. Ich habe alles gespielt und überhaupt nicht den Ehrgeiz, der erste weibliche King Lear zu sein oder etwas in der Art», sagte sie mal der Zeitschrift «Bunte».
Wohl fühlte sich Hörbiger, die immer bedacht auf ein adrettes Erscheinungsbild war, in der High Society. Auf Alkohol und Zigaretten verzichtete sie dabei komplett. Hörbiger war bei Premieren der Salzburger Festspiele ebenso zu Gast wie auf dem Wiener Opernball oder dem schrillen Life Ball. Bei «Wetten, dass..?» fungierte sie im Laufe ihrer Karriere sieben Mal als Wettpatin.
Der Tod war in den letzten Jahren ihr Begleiter
Einen harten Schicksalsschlag hatte Hörbiger 2016 zu verkraften. Ihr Lebensgefährte Gerhard Tötschinger starb nur sechs Tage vor der geplanten Hochzeit – unerwartet im Urlaub im Salzkammergut. 32 Jahre lang waren die beiden unzertrennlich und ein eingespieltes Team gewesen. Sie sei nicht unschuldig am späten Hochzeitstermin gewesen: «Wir waren so glücklich und ich hatte immer Angst, wenn wir heiraten, dann ändert sich das», sagte sie damals dem «Kurier».
Bis zu Tötschingers Tod lebten beide mit den beiden Möpsen «Loriot» und «Vicco» in Baden bei Wien. Bereits 2009 musste Tötschinger nach einer Blutvergiftung ein Bein amputiert werden. Das habe die beiden aber nur noch näher zusammengebracht, meinten sie danach. Hörbigers zweiter Mann und der Vater ihres Sohnes, der Schweizer Journalist und Buchautor Rolf Bigler, war 1978 im Alter von nur 48 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.
Der Tod war in den letzten Lebensjahren ein ständiger Begleiter der Schauspielerin. Sie habe sich bereits an den Gedanken gewöhnt, sagte sie in Interviews. Angst davor habe sie nicht. «Ich bin demütig und dankbar dafür, dass es mir so gut geht», sagte Hörbiger anlässlich ihres 75. Geburtstags.
Besonders der Tod ihrer Eltern prägte sie. Hörbiger saß bei beiden am Sterbebett und sah ihre letzten Atemzüge. «Ich möchte keinen verkniffenen Ausdruck haben, ich hoffe, dass auf meinem Gesicht ein Lächeln sein wird, wenn ich gehe…», sagte sie der «Kronen-Zeitung».
Auch über ihre eigene letzte Ruhestätte machte sich Hörbiger noch zu Lebzeiten Gedanken. Sie wünschte sich ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.