Der Mann, der Dame Edna war: Barry Humphries ist tot
Der australische Komiker Barry Humphries kommt zur Verleihung der Oldie of the Year Awards in Simpsons-in-the-Strand, London. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Yui Mok/PA Wire/dpa)

Lila Haare, Schmetterlingsbrille, viel Glitzer und eine sehr große Klappe: Dame Edna hat eine jahrzehntelange Karriere hinter sich. Die Hausfrau aus einem Vorort von Melbourne war einer der größten Bühnenstars Australiens, vom Londoner West End über den Broadway bis zum Fernsehtalk, wo sie Sean Connery und Zsa Zsa Gabor interviewte.

Das Publikum begrüßte sie gerne mit «Hello, possums», «Hallo, Beutelratten». Hinter Dame Edna Everage steckte der Schauspieler, Künstler und Buchautor Barry Humphries, ein distinguierter Herr mit Einstecktuch und Gentleman-Scheitel. Edna war mit Abstand seine berühmteste Rolle. Jetzt ist Humphries im Alter von 89 Jahren gestorben.

Er starb am Samstagabend (Ortszeit) im St. Vincent’s Hospital in Sydney, wie ein Sprecher des Krankenhauses der Nachrichtenagentur PA bestätigte. Der Entertainer hatte sich dort nach Komplikationen in Folge einer Hüftoperation behandeln lassen. Seine Familie schrieb nach Angaben der Zeitung «Sydney Morning Herald» und weiteren australischen Medien in einer Mitteilung, Humphries sei sich bis zum Ende selbst treu geblieben. Er habe nie seinen brillanten Verstand und seinen einzigartigen Witz verloren.

Für Australien ist sein Tod ein Verlust wie für Deutschland, als Loriot starb. Dame Edna ist eine nationale Ikone. In Melbourne wurde schon zu Lebzeiten ein Platz nach ihr benannt, zum 50. Geburtstag landete sie auf einer Briefmarke der australischen Post. Sie durfte alles sagen. Warum die Australier so gut im Sport sind? «Gutes Essen und gute Ernährung, das Leben an der frischen Luft, saftige Steaks, Sonnenschein – und die totale Abwesenheit von intellektueller Ablenkung». Schrill und unverschämt war sie, aber die Australier mochten das. Und die Engländer auch: Es gibt Bilder, auf denen Prinz Charles sehr verzückt neben Edna steht.

Als Humphries 1955 zum ersten Mal die Frauenrolle spielte, wussten viele noch nicht, was Travestie ist, geschweige denn «Drag». Später trat Edna in Filmen wie «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band» auf, den Titel «Dame» bekam sie in den 70er Jahren spontan vom damaligen australischen Premierminister Gough Whitlam. Die erste international erfolgreiche Bühnenshow hatte sie 1976 in London mit «Housewife, Superstar!». Auch in Deutschland kringelte sich das Publikum, etwa in den 90er Jahren im Hamburger Schauspielhaus: «Ich habe heute mein ältestes Kleid an. Wie ich sehe, Sie auch.» Damals waren Stand-up-Shows noch etwas Neues, solche Gags kamen an.

Vier Ehen – vier Kinder

Dame Edna hat Barry Humphries als Lügner bezeichnet, wenn der behauptete, sie sei seine Kreation. Er sei doch nur ein «Entrepreneur» und ihr Manager. Humphries lebte lange als trockener Alkoholiker, er war vier Mal verheiratet, wie Edna hatte er vier Kinder. Ednas Nachwuchs hatte abenteuerliche Lebensläufe: Eine Tochter wurde entführt und ging ins Kloster, eine wurde eine Lederlesbe, beide Söhne schwul, was die Mutter nicht wahrhaben wollte. Inspiriert wurde Humphries bei der Rolle von seiner eigenen Mutter.

Manchmal machte er sich auch unbeliebt, etwa mit Äußerungen über Transgender oder über das Lernen von Spanisch. Letzteres braucht man nach Ansicht von Dame Edna eigentlich nur, um mit dem Personal zu reden. Darüber ärgerte sich Salma Hayek. Dame Edna entgegnete, die Schauspielerin sei doch nur neidisch, weil Edna ursprünglich die Kinorolle der Frida Kahlo bekommen sollte – Hayek sei nur zweite Wahl gewesen.

2012 kündigte Humphries den Ruhestand der Lady mit den lila Haaren an. Es kamen aber doch noch einige Auftritte hinzu. Seine goldene Regel, das Publikum zu unterhalten, beschrieb Humphries in einem Interview des Fernsehsenders ABC so: «Ich habe immer gedacht, wenn es mich amüsiert, dann werden sich auch andere amüsieren.»

Barry Humphries habe die Menschen mit «einer Galaxie an Persönlichkeiten» unterhalten, würdigte ihn der australische Premierminister Anthony Albanese auf Twitter. Der hellste Stern dieser Galaxie sei aber immer Humphries selbst gewesen. Der australische Schauspieler Jason Donovan twitterte: «Australien hat einen seiner Größten verloren!»

Von Caroline Bock, dpa