In einem intimen Rahmen gibt Ed Sheeran Mitte April ein Konzert im Berliner Admiralspalast. Der Brite stellt mehrere Songs seines neuen Albums vor und erklärt deren Entstehung. «Es fühlt sich gerade an wie eine Therapiestunde», meint der Weltstar an einer Stelle. Und so lässt sich «Subtract» auch ganz gut zusammenfassen.
«Ich habe innerhalb kürzester Zeit sehr viele Songs geschrieben, die sich alle anfühlten, als seien sie Teil einer Geschichte», erklärt der 32-Jährige den rund 1500 Fans in Berlin. «Es geht darum zu lernen, ohne etwas weiterzuleben.» Die Songs auf «Subtract» (auf Deutsch: «subtrahieren») fühlen sich größtenteils melancholisch und schwermütig an, Sheeran besingt Schmerz und Trauer, die ihn zuletzt umgeben haben.
«Saltwater» spiegelt seine Stimmungslage
Im Februar 2022 entdecken Ärzte einen Tumor bei Sheerans damals schwangerer Ehefrau Cherry Seaborn (30), nur Wochen später stirbt völlig überraschend der beste Freund des Sängers, Unternehmer Jamal Edwards, im Alter von 31 Jahren.
«Als all diese Dinge in meinem Leben passiert sind, denkt man sich jedes Mal: Jetzt kann es aber nicht noch schlimmer kommen. Und dann passieren immer mehr Dinge. Ich hatte das Gefühl, ich würde darin ertrinken und es gebe kein Entkommen», erklärt der Brite seine damalige Gefühlslage. In der entstand unter anderem «Saltwater».
In der Ballade heißt es: «Ich füle mich frei im Salzwasser. Umarme die Tiefe und verlasse alles. Es war nur ein Traum.» Auch die Single «Boat» habe er in der Zeit geschrieben. «Es geht darum, in einem Loch zu stecken, nicht zu wissen, wie man dort rauskommt, sich aber trotzdem sicher ist, dass es nicht das Ende ist. Die Wellen werden mein Boot nicht brechen.»
Trauer, Verluste und das Ende der Jugend
Sheerans Schwermut in dieser Zeit zieht sich durch die 14 Songs. Im melodisch äußerst radiotauglichen «Eyes Closed» geht es darum, seinen verstorbenen Freund nie mehr wieder zu sehen und in «Life Goes On» um die Trauerphase nach dessen Tod, die für ihn nie ganz abgeschlossen sein werde.
Ebenfalls melancholisch zeigt sich der Songwriter auf «End Of Youth», also «Ende der Jugend». «Trauer, Depression und Ängste beenden die Jugend und die Verspieltheit, weil sie so echt, so final, so allumfassend sind. Wenn der Schmerz übernimmt, ist das das Ende unserer Jugend», schreibt Sheeran dazu bei Instagram.
Die Diagnose seiner Frau verarbeitet der zweifache Vater im Lied «Sycamore», das er vor der Fahrt zu einem Krebsspezialisten geschrieben habe. «Wir sind zwei Wochen lang rumgelaufen wie Zombies. Wir hatten nur wenige Informationen. Dass es ein Tumor ist, eine seltene Form von Krebs.» Wegen der Schwangerschaft habe seine Jugendliebe erst nach der Geburt operiert werden können. Frau und Tochter seien heute bester Gesundheit.
Das befreiende Gefühl des «Alles ist wieder gut» stellt sich auf «Subtract» kaum ein, auch wenn Songs wie «Curtains» durchaus Hoffnung stiften und sich der Abschlusssong weniger schwermütig anfühlt. Im folklastigen «The Hills of Aberfeldy», das er vor elf Jahren geschrieben habe, besingt Sheeran die Liebe zum 2000-Einwohner-Ort Aberfeldy im Schottischen Hochland.
Verletzlich und persönlich wie nie
Der britische Superstar, der für emotionale Balladen wie «Perfect», aber auch Gute-Laune-Songs wie «Shivers» bekannt ist, zeigt sich auf seiner neuen Platte verletzlich und persönlich wie nie. Es sei ein «Album über den Verlust», was gar nicht geplant gewesen sei.
«Zum ersten Mal habe ich nicht versucht, ein Album anzufertigen, das die Leute lieben. Ich veröffentliche lediglich etwas, was ehrlich und wahrhaftig zeigt, wo ich mich in meinem erwachsenen Leben befinde», fasst es Sheeran zusammen.
«Subtract», produziert von Aaron Dessner von der Indie-Rockband The National, soll zugleich der letzte mathematisch angelehnte Titel sein (nach «+», «x», «÷» und «=»). Trotz des düsteren Ansatzes wird das neue Werk des mehrfachen Grammy-Gewinners mit Sicherheit wieder ein Megaerfolg – begleitet unter anderem von einer eigenen Doku auf dem Streamingdienst Disney+.
Das Album «Subtract» von Ed Sheeran erscheint am 5. Mai bei Warner Music.