Michael Hanekes preisgekrönter Film «Liebe» ist bei den Salzburger Festspielen als Theaterstück aufgeführt worden und hat trotz holpriger Umsetzung beeindruckt.
In der Bühnenfassung des Kammerspiels um Partnerschaft, Alter, Krankheit und Sterbehilfe zeigte sich das Publikum am Sonntag vor allem von den Laiendarstellern berührt, die ihre sehr persönlichen Erfahrungen mit diesen Themen schilderten. Ab Oktober ist das Stück in den Münchner Kammerspielen zu sehen.
Die deutsche Regisseurin Karin Henkel legt sich die Latte gerne sehr hoch. Vor zwei Jahren nahm sie sich bei den Salzburger Festspielen zwei Königsdramen von Shakespeare vor und verarbeitete sie erfolgreich in einem neuen Stück namens «Richard The Kid & The King».
Diesmal bediente sie sich in der obersten Liga der Filmkunst: Hanekes Werk aus dem Jahr 2012 wurde mit der Goldenen Palme in Cannes und dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet.
Im Original des österreichischen Filmemachers spielte Jean-Louis Trintignant einen älteren Pariser Herrn, der mit der Pflege seiner kranken Frau (Emmanuelle Riva) zunehmend überfordert ist. In Henkels Version stellt André Jung sehr überzeugend den Ehemann dar, während die Figur der Frau von den Profis Katharina Bach und Joel Small, sowie von einer Kinderdarstellerin und mehreren Laien gleichzeitig verkörpert wird.
Das ermöglicht eindringliche Szenen, in denen Jung zusehends erschöpft, während er etwa einer Reihe von hilfsbedürftigen Menschen beim Aufstehen hilft, oder wenn er einen betagten Mann wäscht. Weniger gut funktioniert die Idee, in der ersten Hälfte des Abends Teile des Drehbuchs an der Rampe herunterzuleiern und Signalfähnchen hochzuhalten, sobald das Stück vom Film abweicht.
Als jedoch gegen Mitte des Abends die Laiendarsteller von ihren Erkrankungen erzählen, oder vom Leiden enger Verwandter und Freunde, wird es spannend: Henkel befreit sich von Haneke und erkundet drastisch-grotesk die Themen Krankenpflege und Sterbehilfe, die im Film zwar gezeigt, aber nicht vertieft wurden. Die Darsteller beginnen zu agieren statt zu schildern. Dafür ernten sie langen Jubel, während Henkel nur sehr kurz mit Bravo-Rufen bedacht wird.