Er selbst sieht sich als Reformer der Medienlandschaft und «Drachentöter»: Prinz Harry hat im Prozess um Telefon-Hacking und andere illegale Recherchemethoden einen wichtigen Sieg gegen den britischen «Mirror»-Verlag errungen.
Journalisten der Blätter «Daily Mirror», «Sunday Mirror» und «People» hatten durch Abhören von Telefonnachrichten Informationen über Harrys Privatleben erlangt und als Schlagzeilen vermarktet. Zu diesem Schluss gelangte Richter Timothy Fancourt vom Londoner High Court in seinem Urteil zur Schadenersatzklage Harrys und weiterer Prominenter gegen den Verlag MGN am Freitag.
Zwar setzte sich der jüngere Sohn von König Charles III. mit seinen Forderungen nur teilweise durch. Doch er zeigte sich mit dem Ausgang des Aufsehen erregenden Prozesses, in dem er selbst als Zeuge aufgetreten war, mehr als zufrieden. «Mir wurde gesagt, dass man sich beim Drachentöten verbrennt. Im Lichte des heutigen Siegs und der Bedeutung dessen, was man für eine freie und ehrliche Presse tun muss, ist es der Preis, den es sich zu zahlen lohnt», schrieb Harry in einer von seinem Anwalt David Sherborne verlesenen Reaktion auf das Urteil.
15 von 33 beanstandete Artikel über Harry seien das Ergebnis illegaler Informationsbeschaffung gewesen, hieß es in dem Urteil. Dem Herzog von Sussex steht demnach Schadenersatz in Höhe von 140.600 Pfund (etwa 163.000 Euro) zu. Die Summe sei moderat ausgefallen, weil die Zeitungen der «Mirror»-Gruppe nicht die einzigen gewesen seien, die zu dem Unrecht beigetragen hätten, das Harry durch Medien erleiden musste, begründete Fancourt das Urteil.
Harrys Kampf gegen die Paparazzi
Trotzdem ist die Entscheidung ein Meilenstein für den Prinzen, der einen regelrechten Kreuzzug gegen die Boulevardpresse führt und Klagen gegen weitere Verlage eingereicht hat. Immer wieder hatte er deutlich gemacht, dass er den Unfalltod seiner Mutter Prinzessin Diana 1997 in Paris den Paparazzi anlastet, die ihr und ihren Begleitern damals auf den Fersen waren. Auch den Austritt aus dem engeren Kreis der Königsfamilie, den er und seine Frau Meghan (42) vor knapp vier Jahren vollzogen hatten, und das Zerwürfnis mit Familien auf beiden Seiten lastet er teilweise den Boulevardmedien an. Diese folgen ihm seit seiner Kindheit auf Schritt und Tritt.
Der MGN-Verlag begrüßte das Urteil als Schlussstrich unter Fehler der Vergangenheit. «Wo historisches Unrecht geschehen ist, entschuldigen wir uns uneingeschränkt, übernehmen die volle Verantwortung und leisten angemessene Entschädigungszahlungen», sagte ein Sprecher.
Sehr intime Details
Harry war bei der Verhandlung im Juni – als erster britischer Royal seit 130 Jahren – selbst in den Zeugenstand getreten und hatte sich zwei Tage einem Kreuzverhör gestellt. Die mutmaßliche Bespitzelung habe ihm schweres seelisches Leid zugefügt, Freundschaften und Beziehungen belastet, klagte er damals.
In den Berichten ging es teilweise um pikante Details wie den Besuch eines Strip-Clubs, das Ende seiner Beziehung mit Ex-Freundin Chelsy Davy oder Sportverletzungen. Die Informationen seien so intim gewesen, argumentierte er, dass sie nur aus dem Abfangen von Handy-Sprachnachrichten und anderer illegaler Informationsbeschaffung stammen konnten. Der Richter sah das nicht in allen Fällen als erwiesen an.
Dass in dem betroffenen Zeitraum illegale Methoden bei vielen britischen Zeitungen verbreitet waren – auch bei Blättern von MGN – war aber schon lange unumstritten. MGN hatte sich bereits in zahlreichen Fällen außergerichtlich auf Millionenzahlungen geeinigt, um Prozessen wie dem von Harry und seinen Mitklägern zu entgehen.
«Systemische Praxis rechtswidrigen und schockierenden Verhaltens»
Harry geht es um nicht weniger als eine Reform der Medienkultur in seinem Heimatland: In seiner Stellungnahme schrieb er, es handle sich um «einen großen Tag für die Wahrheit und die Rechenschaftspflicht». Dabei gehe es nicht nur um das Hacken von Telefonen. «Es handelt sich um eine systemische Praxis rechtswidrigen und schockierenden Verhaltens, gefolgt von Vertuschungen und der Vernichtung von Beweisen.»
Persönlich griff Harry den früheren Chefredakteur des «Daily Mirror» Piers Morgan an, der sich in den vergangenen Jahren als einer der schärfsten Kritiker der Sussexes erwiesen hatte. Leute wie er hätten von den Machenschaften gewusst, so der Royal. Morgans Antwort ließ nicht lange auf sich warten, in einem Statement, das er vor Journalisten verlas, bestritt er die Vorwürfe und warf Harry vor, dieser wolle das britische Königshaus zerstören.
Der Richter befand, dass die Praxis des Telefon-Hackings bei den «Mirror»-Blättern zeitweise sogar gewohnheitsmäßig stattfand. Selbst als bereits eine öffentliche Untersuchung dazu lief, seien die Abhöraktionen weitergeführt worden, hieß es in dem Urteil. Zudem seien sie von Teilen der Führungsebene geduldet und sogar vertuscht worden. Im Fall Harrys sei das Telefon-Hacking in moderatem Ausmaß betrieben worden, so der Richter. Für den Prinzen ist der Kampf noch nicht zu Ende, wie er nach dem Urteil klar machte: Harry fordert nun auch strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen.