Es ist ein Alptraum für Anhänger der britischen Royals: König Charles (75) ist an Krebs erkrankt. Gerade erst hatten die Briten aufgeatmet, als bekannt wurde, dass ihr Monarch zwar operiert werden musste – aber nur wegen einer gutartigen Erkrankung. Er winkte noch den Schaulustigen zu, als er am Sonntag auf seinem ostenglischen Landsitz Sandringham zur Kirche ging. Alles in Ordnung, so schien es.
Doch der Eindruck war trügerisch: Im Zuge des Eingriffs an der Prostata wurde an einer anderen Stelle Krebs entdeckt. Charles wird sich bis auf Weiteres aus der Öffentlichkeit zurückziehen und behandeln lassen. Er sei «vollkommen positiv hinsichtlich seiner Behandlung», hieß es vom Palast.
Doch nicht einmal ein Jahr nach der Krönung von Charles III. scheint die Zukunft der Royals so ungewiss wie lange nicht mehr. Auch Prinzessin Kate (42) erholt sich weiterhin von einem operativen Eingriff.
Schon gibt es Spekulationen über eine mögliche Abdankung
Eben erst hatten sich die Royals nach dem Tod von Queen Elizabeth II. und den Querelen um Prinz Harry (39) und dessen Frau Herzogin Meghan (42) sowie dem Skandal um Prinz Andrew (63) so richtig eingespielt. Die verkleinerte Königsfamilie – bestehend aus dem Königs- und dem Thronfolgerpaar an der Spitze, sowie den beiden Geschwistern von Charles, Prinzessin Anne (73) und Prinz Edward (59) und dessen Frau Herzogin Sophie (59) – wirkte dynamisch, effizient und weitgehend frei von Skandalen. Sie besuchten unablässig Wohltätigkeitsorganisationen, verliehen Orden, reisten um die Welt und hielten Reden.
Doch nun fällt mit den Erkrankungen von Charles und Kate je die Hälfte dieser Paare an der Spitze aus. Das sei ein großer Verlust, sagt der Verfassungsexperte Craig Prescott von der Universität Bangor im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und fügt hinzu: «Das war schon immer das Risiko einer schlankeren Monarchie.»
Schon gibt es Spekulationen, der König könne womöglich abdanken wie Dänemarks Königin Margrethe II. kürzlich – oder sein Sohn William könne als Regent die Amtsgeschäfte dauerhaft übernehmen. Doch an diesem Punkt scheint es noch lange nicht. «Er wird nicht abdanken, wenn er seine Pflichten weiter erfüllen kann», sagte die Royal-Reporterin der «Sunday Times», Roya Nikkhah, im BBC-Fernsehen nach Bekanntwerden der Diagnose. Auch die vorübergehende Ausführung der Amtsgeschäfte durch Vertreter aus der Königsfamilie, sogenannte Counsellors of State, ist dem Vernehmen nach nicht geplant.
Seine Mutter sagte einst: «I have to be seen to be believed» («Ich muss gesehen werden, damit man an mich glaubt»). Für Charles wird das in der kommenden Zeit unmöglich sein. Der König werde während der Therapie keine öffentlichen Termine wahrnehmen, teilte der Palast mit. Das werde ihm zu schaffen machen, sagte sein früherer Pressesekretär Julian Payne der BBC. «Er wird darauf brennen, so schnell wie möglich wieder zu den Dingen zurückzukehren.»
Britischer Premier: Krebs wurde früh erkannt
Im Hintergrund will der Monarch aber weiter arbeiten. Die roten Schatullen, in denen ihm wichtige Dokumente und Informationen vorgelegt werden, will er weiter in Empfang nehmen, Gesetze unterzeichnen, und auch die wöchentliche Audienz mit dem Premierminister soll weiterhin stattfinden.
Doch wie lange die ambulante Behandlung des Königs dauern wird und ob sie erfolgreich sein wird, ist ungewiss. Premierminister Rishi Sunak zufolge wurde die Erkrankung früh entdeckt. Das dürfte Hoffnung auf bessere Heilungschancen machen. Aber außer, dass es sich nicht um Prostatakrebs handelt, ist weder über die Diagnose noch über die Therapie Genaueres bekannt.
Fest stehen dürfte: Je länger Charles von der Bildfläche verschwindet, desto schneller wird sich die Spekulationsspirale drehen. Abgesehen von Gottesdienstbesuchen an Gründonnerstag: Vor allem die «Trooping the Colour»-Geburtstagsparade des Königs im Juni spielt im royalen Kalender eine wichtige Rolle.
«Es wäre absolut bemerkenswert, wenn der König bei seiner eigenen Geburtstagsparade nicht dabei wäre», sagte Verfassungsexperte Prescott. Zudem erinnert er daran, dass in diesem Jahr voraussichtlich eine Parlamentswahl ansteht. Der genaue Termin ist noch unklar. Der König müsste die Auflösung des Parlaments absegnen und später einen neuen Premier ernennen. Auch Pläne für Reisen nach Kanada und andere Commonwealth-Staaten könnten durcheinandergeraten.
Sorgen um die Gesundheit von Prinzessin Kate
Für die anderen Royals, allen voran Königin Camilla (76) und Prinz William, dürfte seine Abwesenheit zumindest vorübergehend erheblich mehr Aufgaben bedeuten. Der 41-jährige Thronfolger hatte sich zuletzt eine Auszeit genommen, um für seine Kinder da zu sein, während sich Kate von einer Operation im Bauchraum erholt. Er soll nun wieder Aufgaben übernehmen und dürfte künftig mehr Verantwortung schultern.
Die Erkrankung von Prinzessin Kate bedeutet für William eine Doppelbelastung. Kate hatte sich beinahe zeitgleich mit dem König in der privaten London Clinic behandeln lassen. Anders als bei Charles ist über ihre Erkrankung so gut wie nichts öffentlich gemacht worden – außer, dass es sich nicht um Krebs handelt. Doch die Dauer ihres Klinikaufenthalts befeuerte Spekulationen, dass es kein ganz unkomplizierter Eingriff gewesen sein kann.
Neuer Umgang mit Fragen zur Gesundheit
Dass der Palast mit der Diagnose des Königs an die Öffentlichkeit ging, war für viele Briten eine überraschende Abkehr von der bisherigen Politik des Buckingham-Palasts. Diagnosen und medizinische Eingriffe waren bislang streng privat. Hinzu kam die berühmte «stiff upper lip», das Gebot der «steifen Oberlippe», wonach die Royals in jeder Lebenslage die Zähne zusammenbeißen und weitermachen sollten.
Charles brach mit dieser Tradition bereits bei seinem Eingriff an der Prostata. Und sein erklärtes Ziel, andere Männer zur Vorsorge zu ermutigen, schien aufzugehen: Viele Männer informierten sich über Prostataerkrankungen. Die Zugriffszahlen auf der Webseite des britischen Gesundheitsdiensts NHS schossen in die Höhe. Das soll ihn auch dazu ermutigt haben, seine Krebsdiagnose öffentlich zu machen.
Und dann gibt es auch noch die Hoffnung, dass die Hiobsbotschaft zumindest die Harmonie in der Royal Family wieder herstellt. Prinz Harry wollte anreisen, um seinem Vater beizustehen. Das lässt Hoffnung auf eine Aussöhnung zwischen dem verlorenen Sohn und seinem Vater aufkeimen.