Es gibt Berufsbilder, deren Halbwertszeit in der Regel kürzer ist als bei normalen Jobs. Fußballspieler gehören dazu und auch Models, aber natürlich oft auch Pop-Superstars. Justin Bieber wird am 1. März 30 Jahre alt – doch die Zeiten als globales Phänomen sind vorbei. Groß im Geschäft ist der Kanadier zwar noch immer, doch Bieber muss sich fragen: Was kommt nach dem Gipfel?
Rückblick: Angefangen hatte alles Anfang der 2000er auf der Video-Plattform Youtube. Wer den komplett tätowierten Sänger an der Seite von Model Hailey Baldwin heute beobachtet, erkennt den blonden Jungen aus den pixeligen Videos von damals kaum wieder. Chris Browns «With You» sang er damals auf einem Sofa, hinter ihm hängen Poster von Rapper Tupac und Zeichentrickfigur Bart Simpson. Vor laufender Kamera scheint sich dieser zwölf oder dreizehn Jahre alte Junge aus der kanadischen Kleinstadt London in der Provinz Ontario noch etwas zu schämen, aber R&B-Titel singt er mit Leidenschaft.
Dank Usher den ersten Plattenvertrag
Scooter Braun hieß der Agent, der laut eigener Aussage versehentlich auf eines dieser Videos klickte, das Talent erkannte und über Biebers Schule Kontakt zu Mutter Pattie Mallette aufnahm. Er holte Bieber für Probe-Aufnahmen nach Atlanta, wo der Junge seinem Idol Usher begegnete. Mit dessen Hilfe hatte der 15-Jährige bald seinen ersten Plattenvertrag beim Label Def Jam unterzeichnet und zog mit seiner Mutter, die sich allein um ihn kümmerte, nach Atlanta.
«Ein Jahr später hat das Baby, das ich gewindelt habe, im Madison Square Garden gespielt und für den Präsidenten der Vereinigten Staaten gesungen. Es ist verrückt», erinnerte sich Mallette einst in der «New York Times». In dem Jahr war Bieber in der berühmten New Yorker Veranstaltungshalle mit Usher und Miley Cyrus aufgetreten und hatte an Weihnachten für Präsident Barack Obama und dessen Familie in Washington gesungen.
Und das war erst der Anfang. Biebers erste Single «One Time» und die EP «My World» waren da schon auf dem Markt. Zusammen mit dem Album «My World 2.0» samt der Single «Baby» mit Rapper Ludacris platzierte sich Bieber mit glänzendem, schwungvollem R&B-Gesang ins Herz des westlichen Mainstream-Pop.
Und hatte Youtube Bieber erst bekannt gemacht, wurde das Portal auch weiterhin zum Gradmesser seiner Erfolge: «Baby» wurde 2011 das erste Video, das mehr als 500 Millionen Klicks erreichte. Und so ging es weiter: Mit «Believe» und «Purpose» 2012 und 2015 schloss Bieber an seine großen Erfolge an. Nach den Hits «Boyfriend» und «Where Are Ü Now», für den er mit Diplo und Skrillex seinen ersten Grammy gewann, wurden Kollaborationen für Bieber wichtig: Sein Megahit «Despacito» mit Luis Fonsi und Daddy Yankee wurde 2018 sogar das erste Video, das die Marke von fünf Milliarden Klicks erreichte.
Und auch heute noch verkauft Bieber Hunderttausende Alben – zuletzt «Justice» im Jahr 2021. Und er hat Hits wie «STAY» mit Rapper The Kid Laroi. Doch es scheint, als ob der einstige milchgesichtige und strubbelhaarige Teenager mit jeder Kante einen kleinen Teil seiner Marke verloren hat. Stars wie Taylor Swift (34) und Miley Cyrus (31) dagegen räumen bei den Grammys weiterhin ab und dominieren die Popkultur.
Von der Bühnenfigur zum Klatsch-Promi
Twitter, TV-Auftritte und Skandale halfen Bieber aber, aus der Bühnenfigur auch einen Klatsch-Promi zu machen. Der Junge mit den rehbraunen Augen wurde vor der versammelten Weltöffentlichkeit erwachsen. Die Schlagzeilen drehten sich um Alkohol, teure Autos, die Klage einer Frau über seine angebliche Vaterschaft und Nachbarn, auf deren Haus er Eier geschmissen haben soll.
2018 aber heiratete Bieber Hailey Baldwin, die er zu diesem Zeitpunkt schon fast zehn Jahre lang kannte – und wollte ein neues Kapitel aufschlagen. Der «Vogue» sagte er vor einigen Jahren dazu, dass er nach dem Höhenflug vermehrt über «Charakter-Zeug» nachdenke. Weniger über Musik, sondern mehr darüber, ein guter Mensch und guter Ehemann zu sein.
Bieber mag sich in einem Umbruch befinden – ein Weltstar bleibt er dennoch. Rapper Usher lud ihn vor einigen Monaten sogar ein, mit ihm bei der Halbzeitshow des Super Bowl aufzutreten. Doch Bieber lehnte ab, wie Usher verriet: «Ich denke, es könnte daran liegen, dass er im Moment einfach eine andere Geschichte erzählen möchte.»