Wenn die Maus geht, hört man es. Das Geräusch, das Deutschlands orangefarbener Kinderstar beim Laufen macht, entsteht durch zwei Kokosnuss-Schalen, die aneinander geklopft werden.
Es ist eine ziemlich einfache Lösung für das große Problem, eine eigentlich stumme Maus zu vertonen. Sie ist so einleuchtend und universell, wie «Die Sendung mit der Maus» selbst – das ist ihr Erfolgsgeheimnis.
Seit einem halben Jahrhundert schon erklärt die Maus Kindern die Welt. Wie kommt der Saft in die Tüte und wie kommt er wieder raus? Warum hat der Käse Löcher und der Käsekuchen nicht? Die ersten «Lach- und Sachgeschichten» feierten am 7. März 1971 Fernsehpremiere. Am Sonntag wird die Maus also ihren 50. Geburtstag haben.
Der WDR begeht das Jubiläum mit dem gebotenen Zinnober, unter anderem mit einer speziellen Maus-Ausgabe (Sonntag, 7. März, Das Erste, 9.00 Uhr, KiKa 11.30 Uhr), in der auf die kommenden 50 Jahre geblickt werden soll. Das zeigt schon: Der Nager hat nicht vor, bald in TV-Rente zu gehen.
«Wir versuchen, auch die schwierigsten Fragen mit Dingen zu erklären, die Kindern geläufig sind», sagt Armin Maiwald, wenn man ihn fragt, was das Geheimnis der Maus ist. Der 81-Jährige ist einer der geistigen Väter der Sendung. Die Maus-Illustration selbst stammte von Grafikerin Isolde Schmitt-Menzel. 1975 kam der blaue Elefant hinzu, 1987 dann die gelbe Ente.
Dass Maiwald in eine kindliche Dutsi-dutsi-duuuu-Sprache abrutscht, wenn es um das putzige Mäuschen geht, braucht man nicht erwarten. Er stellt klar: Es handelt sich um Journalismus. «Die Analogien sind wichtig», erklärt er. Kunststoffverformung etwa habe man mal mit Spaghetti dargestellt. «Und natürlich die saubere Recherche. Wir haben einen journalistischen Anspruch. Auch wenn klar ist, dass Recherche allein noch keine Geschichte ist. Dann hat man nur die Fakten. Wir versuchen, daraus eine Geschichte zu bauen, indem wir uns mit den Zuschauern auf eine Reise begeben.»
Die Reise der Maus selbst begann durchaus ruckelig. Nicht nur, dass zeitweise die Frage aufkam, ob man nicht doch lieber auf ein Nilpferd als Titelheld setzen sollte, wie Maiwald kürzlich verriet – auch gab es einige Kritik an dem Format. Pädagogen war die Sendung zu schnell geschnitten, die Kirche fand den Sendeplatz am Sonntagvormittag nicht förderlich, weil Kinder im Gottesdienst sitzen sollten.
Mittlerweile ist die Sendung über alle Zweifel erhaben. 2019 verlieh der Bundespräsident der Maus einen «Mausverdienstorden», 1992 flog sie mit Raumfahrer Klaus-Dietrich Flade auf die russische Raumstation Mir, 2014 mit Alexander Gerst zur ISS. Stefan Raab hob sie mit seinem Lied «Hier kommt die Maus» 1996 in die Pop-Kultur.
Der Metzgersohn verwurstete dafür die berühmte «Düdü-de-düdü-düde-düde»-Titelmelodie, die im Original vom Komponisten Hans Posegga stammt. Posegga hat zum Beispiel auch die Musik zur ZDF-Serie «Der Seewolf» (1971) geschrieben. Musik, Farbe, ein gemütlicher Leibesumfang und die Unfähigkeit zu sprechen – viele Dinge an der Maus sind große Konstanten.
Wie sich die Welt in all den Jahren verändert hat, lässt sich aber an den «Sachgeschichten» ablesen. Armin Maiwald erste Filme drehten sich noch um Themen wie «Brötchen» und «Milch». Heute erklärt die «Die Sendung mit der Maus» auch die sogenannte Cloud, in der Daten gespeichert werden. «Gerade in Zeiten, in denen es immer komplizierter und komplexer wird, ist es gut, jemanden zu haben, der einen an die Hand nimmt und sagt: So funktioniert das», glaubt Ralph Caspers, der heute Teil des Maus-Teams ist.
Welche Macht die Maus-Macher haben, wundert sie allerdings selbst ab und zu. Ein Beitrag zur Frage, warum sich Geschenkband kräuselt, wenn man mit einer Schere drüber geht, brach mal einen regelrechten Gelehrtenstreit unter Beteiligung von Universitäten vom Zaun. Ein anderes Mal versuchte ein Kind, das erlernte Wissen aus einem Film über Champagner-Herstellung zu Hause anzuwenden. Die Folge war eine Explosion in der Küche, es musste renoviert werden.
Wegen solcher Vorfälle ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass das Durchschnittsalter der Maus-Gucker höher ist, als man vermuten könnte – viele Eltern gucken mit. Nach Angaben des WDR ist der durchschnittliche Zuschauer im Fernsehen ungefähr um die 40 Jahre alt. Sprich: Nur knapp jünger als die Maus selbst.