Die Gesichter versteinert, der Blick diszipliniert geradeaus: Wie die Prinzen William und Harry 1997 hinter dem Sarg ihrer Mutter Prinzessin Diana schritten, gehört zu den eindrucksvollsten Bildern der britischen Monarchie.
Eng sei das Band zwischen den beiden Brüdern, damals 15 und noch 12, stets gewesen, wissen Beobachter der Royals zu berichten. Doch wenn die beiden Enkel von Queen Elizabeth II. am kommenden Donnerstag (1. Juli) zum 60. Geburtstag von «Lady Di» in London eine Statue ihrer Mutter enthüllen, ist eine traute Bande vermutlich nur Staffage.
Das Verhältnis zwischen den Prinzen gilt – freundlich ausgedrückt – als angespannt. Von den «sich bekriegenden Brüdern» spricht das britische Boulevardblatt «Sun». Der Riss innerhalb der königlichen Familie soll größer sein als bislang bekannt, und die britische Presse hat die Schuldigen längst ausgemacht: Harry, heute 36, und seine Ehefrau Herzogin Meghan (39). Kaum ein Tag vergeht ohne neue Vorwürfe gegen das Ehepaar Sussex, das vor gut einem Jahr mit seinen royalen Pflichten brach und gemeinsam mit Söhnchen Archie (mittlerweile 2 Jahre alt) in Meghans Heimat USA auswanderte.
Dabei hatte es Hoffnungen gegeben, die Familie werde sich wieder zusammenraufen. TV-Bilder zeigten, wie Harry und William (39) nach der Beisetzung von Großvater Prinz Philip im April angeregt plaudernd die Kirche verließen. Zwei Stunden sollen die beiden später mit Williams Ehefrau Kate (39) und Vater Charles (72) zusammen gesessen haben, ein klärendes Gespräch sei es gewesen nach dem aufsehenerregenden TV-Interview von Harry und Meghan im März.
Doch nun berichten britische Blätter, einen solchen Friedensgipfel habe es nie gegeben. William und Kate hätten keinen Sinn darin gesehen, mit Harry zu reden – demnach fürchten sie, dass jedes Wort von Meghan und deren Freunden um US-Star-Moderatorin Oprah Winfrey – den «Tentakeln des Sussex-Netzwerks» – an die Öffentlichkeit getragen wird, wie Robert Lacey in seinem Buch «Battle of Brothers» (Kampf der Brüder) schreibt, aus dem die «Times» vorab zitiert.
Die Liste der Aufreger ist lang: Da ist zuvorderst das Interview mit Oprah. Britische Medien berichten, es handele sich um eine Racheaktion – demnach soll Harry das Gespräch zugesagt haben, nur Stunden nachdem ihm Großmutter Elizabeth wegen des Ausscheidens aus dem Königshaus seine hoch geschätzten militärischen Ehrentitel aberkannte. Stundenlang teilten Harry und Meghan im US-Fernsehen gegen die Royal Family aus, erhoben schwere Rassismusvorwürfe. Meghan berichtete über Suizidgedanken, ausgelöst vom schweren Druck des Lebens unter ständiger Beobachtung der Öffentlichkeit. Im Palast habe sie keine Hilfe erhalten.
Doch das Interview war erst der Auftakt. Mehrmals klagte Harry in den vergangenen Wochen laut über das Leben im königlichen Käfig, kritisierte die empathielose Erziehung durch Vater Charles – und indirekt auch durch Großmutter Elizabeth. Die Königin steht auch im Mittelpunkt des jüngsten Aufregers. So ist in Großbritannien zu lesen, dass Harry und Meghan die Queen nur informiert und nicht um Erlaubnis gefragt hätten, dass ihre neugeborene Tochter Lilibet heißen werde – nach dem familieninternen Spitznamen der Königin. Gegen diese Darstellung wiederum wehrt sich das Ehepaar Sussex entschieden.
Eine Möglichkeit zur Versöhnung oder auch Aussprache bietet nun der gemeinsame Termin der Brüder – zwar wird Harry, der wegen der britischen Corona-Einreiseregeln sich nach Ankunft für mehrere Tage selbst isolieren muss, lange genug für eine Aussprache mit Bruder William in England weilen. Wohl viele Briten dürften sich ein solches Versöhnungsgespräch wünschen. Für sie ist der Unfalltod von Diana, der «Königin der Herzen», im Straßentunnel von Paris immer noch traumatisch – auch für Harry, der immer wieder auf seine Mutter zu sprechen kommt. Diana war damals auf der Flucht vor Paparazzi, wegen ihrer Scheidung von Charles hatte sie zudem keine staatlichen Personenschützer mehr an ihrer Seite. Harry verweist immer auf Dianas Schicksal, wenn er den Umzug aus dem aufgeregten Großbritannien in die USA zu erklären versucht.
Doch fraglich ist, ob die Prinzen sich die Zeit nehmen. Für den Termin am 1. Juli gilt wohl nur ein Burgfrieden. Dabei haben sie viel gemeinsam – ihre Töchter heißen mit einem Vornamen je Diana. Vor allem Vater Charles soll aber «not amused» sein über das Verhalten seines jüngeren Sohnes. Ein Treffen ist angeblich nicht geplant und wäre wohl auch schwer möglich. Charles soll sich dann in Schottland aufhalten, Hunderte Kilometer von London entfernt.